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Schießsport erlauben, aber Spiele verbieten?

2010-09-24 2 Kommentare

Über Fefe bin ich darauf aufmerksam geworden, dass Wolfgang Bosbach (CDU) nach dem Amoklauf in Lörrach darauf hingewiesen hat, dass man wegen eines solchen Vorfalls nicht gleich das Sportschießen verbieten könne. Da stimme ich ihm übrigens zu. Interessant wird das erst, wenn man sich vor Augen führt, dass er ein Verfechter von Computerspielverboten ist.

Diesen Widerspruch kann ich irgendwie nicht verstehen – denn wegen einzelner solcher Vorfälle etwas verbieten zu wollen, was allerhöchstens sehr indirekt damit zu tun hat, scheint mir recht unlogisch. Eigentlich wollte ich Herrn Bosbach daher über Abgeordnetenwatch fragen, aber darüber will er nicht gefragt werden:

Da ich seit vielen, vielen Jahren völlig problemlos per Brief, per Fax oder per E-Mail erreichbar bin, darf ich Sie sehr herzlich darum bitten, etwaige Fragen an mich auch unmittelbar zu adressieren, ein Umweg über Abgeordnetenwatch.de ist wirklich nicht notwendig. Sodann werde ich Ihnen gern antworten. Selbstverständlich können Sie meine Antwort auch gern veröffentlichen.

Das ist natürlich schade, denn so kann man seine Antworten auf die Fragen anderer Leute nicht lesen, aber natürlich sein gutes Recht.

Daher habe ich folgenden Text eben direkt per Mail an ihn geschickt, und werde die Antwort dann hier veröffentlichen, sobald sie eintrifft (Links waren in der Mail als Fußnoten):

Sehr geehrter Herr Bosbach,
im Rahmen der Diskussion um eine Verschärfung des Waffenrechts, welche durch die Amoktat in Lörrach entfacht wurde, haben Sie laut Zeit gesagt:
„Wegen einer solchen Tat kann man nicht Millionen von Sportlern die Ausübung ihres Sports verbieten.“

In diesem Punkt stimme ich Ihnen völlig zu. Umso mehr überrascht war ich jedoch, als ich darauf hingewiesen wurde, dass Sie sich nach dem Amoklauf in Emsdetten in einem SPIEGEL-Interview vom 23.11.2006 dafür ausgesprochen haben, gewalthaltige Computerspiele zu verbieten.

Hat sich Ihre Meinung diesbezüglich seitdem geändert?

Falls nein, warum halten Sie es für richtig, Millionen von Spielern die Ausübung ihres Freizeitvergnügens zu verbieten, obwohl Sie dies bei Sportschützen (völlig zu Recht) ablehnen?

Computerspiele eignen sich (im Gegensatz zum Sportschießen) keineswegs dazu, den Umgang mit einer Waffe zu erlernen, und sie geben dem Spieler auch keine Möglichkeit, an echte Waffen zu gelangen. Selbst wenn die Spiele – was umstritten ist – bei manchen Personen bereits vorhandene Neigungen zur Gewalt verstärken würden, scheint mir dies eine deutlich geringere Gefahr zu sein als die, die Sie beim Sportschießen bereit sind, in Kauf zu nehmen. Ein Verbot aus rein subjektiven moralischen Gesichtspunkten wäre meiner Meinung nach einer freiheitlichen Gesellschaft unwürdig und schwer nachvollziehbar – bei Sportarten wie Boxen werden ja auch keine Verbote gefordert.

Mit freundlichen Grüßen
Jan Schejbal

P.S.: Ich finde es schade, dass Sie keine Fragen über Abgeordnetenwatch entgegennehmen möchten. Das Portal erlaubt es anderen Besuchern schließlich, auch fremde Fragen und die Antworten darauf an einem Ort einzusehen und leicht zu finden.

Auf die Antwort bin ich jedenfalls gespannt.

Feindbilder: Neuer Krieg erhitzt die Gemüter

Die Entscheidung der USA, mit dem Afghanistankrieg einen beliebten Ort für Spielhandlungen in echte Kämpfe zu verwickeln, hat heftige Reaktionen hervorgerufen. So wiederholte der Killerspielerverband „Blutpixel“ am heutigen Montag seine Forderung, Politiker sollen den „unspaßigen Krieg“, welcher am 7.10.2010 offiziell begann, endlich beenden.

Die Gamestar hatte am Wochenende erklärt, sie widere der neue Krieg an, weil echte Menschen kämpfen und andere Menschen brutal ermorden würden. Es sei schockierend, erklärte die Gamestar, „dass überhaupt jemand auf die Idee kommt, spielerische Gewalt in die Realität umzusetzen.“ Schließlich würden dabei Kinder durch die Hände der Gegner ihre Väter und Frauen ihre Ehemänner verlieren.

Die US-Regierung wies die Kritik zurück: „Das Mindestalter für die Teilnahme am Krieg sind 18 Jahre, deswegen dürfen nur Erwachsene mitmachen. Es ist die Entscheidung der Freiwilligen, ob sie zur Armee gehen oder nicht.“ Eingemischt hatt sich in die Diskussion unterdessen auch der deutsche E-Gamer-Verband: Sprecher Samuel Ernst äußerte gegenüber dem Nachrichtenmagazin Focus, es sei „widerwärtig, so einen Krieg anzufangen, während friedliche Spieler vor der Kulisse Afghanistans Kriegsspiele spielen“.

 

Dieser Beitrag ist Satire in Form eines Faketickers. Hintergrund/Vorlage ist die Kritik am Computerspiel „Medal of Honor“, in welchem der Spieler auch Taliban spielen können soll. Ich hoffe, der Text regt zum Nachdenken darüber an, ob es widerwärtig ist, ein Spiel über einen Krieg zu machen, oder ob es nicht eher widerwärtig ist, einen solchen Krieg zu veranstalten.