Der Kampf gegen den Terror, äh, sry, die Raubkopierer…
Ja, ja, die lieben pöööhsen Bittorrent-Raubkopierer. Sie verursachen nicht nur Milliardenschäden indem sie Filme herunterladen, welche sie sonst überhaupt nicht sehen und somit erst recht nicht weiterempfehlen würden, sie verbreiten sie beim Downloaden meist auch noch und verurachen somit nochmal Milliardenschäden. Wie abgehoben die Berechnungen der Musikindustrie sind, hat sich bereits gezeigt, als sie 10000 EUR pro angebotenem Stück für angemessen hielt. Im Golem-Forum finden sich da schöne Berechungen vernünftiger Leute. Es wundert mich bloß, dass keiner es wirklich auf eine Klage ankommen lässt und sich jeder außergerichtlich einigt.
Denn ich denke, bei diesen verrückten Forderungen würde jeder vernünftige Richter – vor allem wenn man ihm diese Rechnungen vorlegt – die lächerlichen Forderungen auch eher lächerlich finden. Und deswegen traut sich die Musikindustrie auch nicht, jemals eine Klage durchzuziehen, da dann die schöne abschreckende Wirkung der astronomischen Schadensersatzforderungen weg wäre. Außerdem würde es mich interessieren, was passiert, wenn man einen Bittorrent-Nutzer, der eine Share-Ration von nachweislich unter 1 hatte (d. h. er hat mehr herunter- als hochgeladen, d. h. er hat dem Bitttorrent-Download geschadet statt ihn unterstützt, weil er mehr Upload anderer blockiert als zurückgegeben hat) vor Gericht steht. Wenn er an einen Richter kommt, der die technischen Prozesse beim Peer-to-Peer kennt, könnte es sogar sein, dass er ungeschoren davonkommen würde. Wäre zumindest mal eine schöne Schlappe für die Musikindustrie. Aber stattdessen gibt es lieber Hausdurchsuchungen deswegen.
Was mich jedoch wirklich bewegt hat, diesen Eintrag zu schreiben, ist dieser Artikel: heise online – MPAA soll Hacker auf Torrentspy angesetzt habe – deja vu? Nicht ganz, aber unlautere Methoden einzusetzen scheint den Organizationen beim Kampf gegen die pöööhsen Terroristen Raubkopierer (jetzt übernehm ich schon die Einstellung dieser Gruppen) ganz beliebt zu sein: heise online – GVU soll Raubkopierer gesponsert haben. (Und das ist nicht der einzige Fall) Im aktuellen Fall ist natürlich noch nichts erwiesen. Es kann sein, dass jemand sich das alles nur ausgedacht hat. Bezweifle ich aber, denn ich denke nicht, dass die Torrentspy-Betreiber es riskieren werden, sich durch eine Falschaussage vor Gericht angreifbar zu machen. Denn deren Bedarf an Ärger mit der Justiz dürfte gedeckt sein, und keiner wird so leicht freiwillig – dazu auch noch in den USA – behaupten, geheime Firmendaten ausgespäht zu haben – nicht bei den Strafen, die darauf stehen. Ich hoffe jedenfalls, dass sich der Vorfall als wahr erweist und dass die MPAA einen Denkzettel bekommt, die alle anderen Organizationen, die auf so tolle Ideen kommen, sich das noch mal überlegen. Denn selbst wenn die MPAA, RIAA (beide USA) oder die GVU (Deutschland) der Meinung sind, Raubkopien wären mindestens ein Verbrechen (für welches mindestens anale Vergewaltigung die richtige Strafe wäre) und die Schwere würde es rechtfertigen, gegen alle Gesetze zu verstoßen, um privat (!) Strafverfolger zu spielen, ist dem nicht so. Und ich habe noch insoweit Vertrauen in unser Rechtssystem (und die Hoffnung, dass das amerikanische auch noch funktioniert), dass ich davon ausgehe, dass der Prozess für die wahren Straftäter unangenehm ausgeht, und dass die Höchststrafen für Anstiftung zum Hacken auch ausgenutzt werden. (Und die dürften, obwohl das Urheberrecht und damit zusammenhängende Strafvorschriften in beiden genannten demokratischen Ländern eher dem Wunschdenken einer reichen Minderheit, nämlich der Contentindustrie, entsprechen, für das Eindringen in fremde Computersysteme und Ausspähen von Betriebsgeheimnissen immer noch höher als die für privates Raubkopieren sein.)
Ich frage mich nur: Wer sind hier die Verbrecher?
Lieber Autor!
Ich finde es beruhigend, welches Vertrauen Du in das Deutsche Rechtssystem setzt. Ich persönlich habe es anders erlebt: voreigenommen Richter, die sich meistens nicht die Mühe machen, über einen Sachverhalt auch nur nachzudenken!
Dazu sind die angeblichen Rechtsbrecher bei den Richtern auch nicht sehr beliebt, weil sie den Richtern so viel Arbeit machen.
Also, aburteilen und dann zum nächsten Fall.
Lang lebe 1984
(Briefschreiber hat die Hosen voll und möchte nicht genannt werden)