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Lizenzbedingungen

So kann man auch dafür sorgen, dass die Presse nur das schreibt, was ein Unternehmen will: Laut einem Artikel von Golem bekommen Verlage nur dann eine Lizenz, die Betaversion von Microsofts neuem Office auf die Heft-CDs zu bringen, wenn sie Microsoft erlauben, über den Inhalt der Artikel mitzubestimmen. Das würde bedeuten, dass jede Computerzeitschrift, die die Beta bringt, keinen kritischen Artikel mehr veröffentlichen kann, sondern praktisch nur noch Schleichwerbung für Microsoft. Langsam denke ich wirklich, dass in der heutigen Welt einiges nicht mehr stimmt.

Auf den Heft-CDs soll außerdem keine Open-Source-Software enthalten sein dürfen, damit die Leser der Zeitschriften nicht auf die Idee kommen, das teuere MS Office mit dem kostenlosen Open Office zu vergleichen. Microsoft hat wohl Angst, dass ihr Produkt nicht gut genug ist.

Jedenfalls bin ich der Meinung, dass ein Unternehemen, was es nötig hat, zu solchen Maßnahmen zu greifen, echt verzweifelt sein muss. Umso schlimmer finde ich es, dass die c't anscheinend die Beta auf der Heft-CD gehabt haben soll, was die Befürchtung in mir weckt, dass diese Zeitschrift (die ich bisher für neutral, vernünftig und vertrauenswürdig gehalten habe) jetzt weniger von unabhängigen Redakteuren, sondern mehr von Microsoft-Schleichwerbern geschrieben wird. Ehrlich gesagt hätte ich es von der ct am wenigsten erwartet, so einen Vertrag zu unterschreiben – ich hätte gedacht, die ct würde mit sowas sofort an die Öffentlichkeit gehen. Hoffentlich liegt das daran, dass Microsoft so etwas erwartet und von der ct keinen Knebelvertrag verlangt hat. Falls es nicht daran liegt, schade. Denn dann gibt es wieder eine gute Computerzeitschrift weniger für mich. Ich werde dranbleiben und versuchen, eine Liste der Zeitschriften, die eventuell so einen Vertrag unterschrieben haben, zusammenzustellen. Hilfe über die Kommentare ist erwünscht (bitte mit Quellenangaben). Jedenfalls weiß ich dann, welche Zeitschriften ich nicht mehr lesen werde…

UPDATE: Es gibt jetzt eine Stellungnahme von der c't-Redaktion.

UPDATE 2: Ich habe einen Kommentar im Heise-Forum plaziert, der meine Meinung verdeutlicht. Hier der nochmal Wortlaut des Kommentars:

Meiner Meinung nach wäre jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, dennoch eine bestimmte Vorgehensweise korrekt, angebracht und wünschenswert. Dass es sich um einen Griff ins Klo gehandelt hat und es vermutlich schlauer gewesen wäre, auf die Veröffentlichung der Beta zu verzichten und stattdessen über diesen Vertrag zu berichten, ist wohl klar. Egal ob nun die Computerbild übertrieben hat oder nicht.

Da dieser Vorfall, egal was genau nun stimmt, definitiv sowohl für den Ruf der c't als auch den von Microsoft (wegen unlauterer Beeinflussung von Medien) sicherlich nicht positiv ist, wäre es wohl keine schlechte Idee, den Vertrag wirklich offenzulegen, und zwar vollständig, um zumindest etwas Vertrauen zurückzugewinnen. Wenn eine Klausel das verbietet, könnte man MS bitten, der Aufhebung dieser Klausel zuzustimmen, da eine offene Klärung vermutlich eher dazu beiträgt, den aus diesem Vorfall entstehenden Schaden zu reduzieren. Wenn das, was die Computerbild schreibt, Unsinn ist, dann sollte ja weder MS noch Heise etwas gegen eine Offenlegung des Vertrags haben. Die würde ja nur zeigen, dass Computerbild Unsinn geschrieben hat und die Glaubwürdigkeit der c't und den Ruf von MS retten.

Im Moment, denke ich, glauben die Meisten der c't kein Wort, wenn es um diese Sache geht. Deswegen wird, wenn der Vertrag nicht offengelegt wird, die öffentliche (und auch meine!) Meinung eher gegen die c't tendieren. Die Unabhängigkeit und kritische Betrachtung war das, was die c't und heise für mich interessant und wertvoll gemacht haben. Wenn ich (und andere) nun den Eindruck haben, dass diese Glaubwürdigkeit zugunsten einer Auflage (!) riskiert wird, ist das definitiv nicht gut. Wenn der Vertrag nicht offengelegt wird, ist es meiner Meinung nach ein klares Zeichen, dass eine Offenlegung eben nicht entlastend wirken würde, da ja sonst nichts gegen eine Offenlegung sprechen sollte. Und daher würde, während eine Offenlegung den Ruf von c't UND MS bessern könnte, eine weitere Geheimhaltung ziemlich sicher das Gegenteil bewirken.

Kategorien:Newskommentare
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  1. 2006-05-29 um 14:49 GMT+0000

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