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Endlich mal richtigrum
Bisher hat die Musikindustrie massiv die Anbieter von Filesharingsoftware verklagt, weil unter Benutzung ihrer Software illegal Musik getauscht wurde (ungefähr so sinnig wie wenn jemand einen Bauernhof verklagt, nur weil Eier von dem Bauernhof auf ihn geworfen wurden). Nun ist es endlich mal andersherum. Einer der Anbieter wehrt sich und verklagt die Musikindustrie! Siehe: heise online – Limewire verklagt Musikindustrie
Meiner Meinung ist dies ein erster Schritt in die richtige Richtung. Hoffentlich werden die Richter in den USA ausnahmsweise mal vernünftig und geben Limewire recht und verhindern so weitere Wahnsinnsurteile. Die Musikindustrie sollte auch am Besten gleich zu einer der in den USA üblichen Wahnsinns-Schadensersatzforderungen zahlen müssen, dann wäre vieleicht auch mal Ruhe und die Musikindustrie würde überlegen, ob es vieleicht nicht sinnvoll ist, ehrliche Käufer nicht mehr wie Diebe zu behandeln und die Künstler auch auszunehmen. Wenn der Hersteller mit seiner Software nicht die illegale Verbreitung beabsichtigt hat (was in einigen Fällen wohl leider der Fall war) soll er nicht für Urheberrechtsverletzungen, die mit seiner Software begangen werden, verantwortlich gemacht werden. Sollte er allerdings explizit die Software für illegale Zwecke anpreisen, bekommt er zu recht eines auf den Deckel.
Außerdem sollte meiner Meinung nach die Politik endlich ihren Job machen, und die Interessen des jeweiligen Volkes und nicht einiger Lobbyisten vertreten. Sowohl in den USA als auch in Deutschland versuchen inzwischen sogenannte „Piratenparteien“ sich für eine Lockerung des Urheberrechtes und eine Verhinderung neuer unsinniger Regelungen einzusetzen. Die Erste dieser Art (von der auch alle anderen den Namen übernommen haben), nämlich die Piratpartiet in Schweden, hat zwar bei den Wahlen selbst jämmerlich versagt, allerdings die großen Parteien dazu bewegt, zum Theme Urheberrecht endlich Stellung zu nehmen und sich auf die Seite der Bevölkerung und nicht des Lobbyismus zu stellen. Weitere Themen der Piratenparteien sind die Durchsetzung des Rechts auf Privatsphäre und die Verhinderung von unsinnigen Trivial- und Softwarepatenten (z. B. auf den Doppelklick, den Warenkorb in Online-Shops etc.) Die frisch gegründete Piratenpartei Deutschland deckt sich im Moment von allen Parteien am Besten (nämlich ca. zu 100%) mit meinen Interessen, wie man sich nach einer Lektüre dieses Blogs denken kann, und bevor hier Nachfragen kommen: Nein, es ist keine Spaßpartei!
Willkommen im Polizeistaat
Über die Beschlagnahme der TOR-Server (siehe heise und Golem) habe ich nichts geschrieben, da ich es zwar für unschön, aber ein Versehen hielt. Inzwischen sehe ich das anders, da ich heute folgenden Artikel gelesen habe: AN.ON-Server des ULD beschlagnahmt – Golem.de
Der Anonymisierungsserver des Unabhängigen Zentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein wurde beschlagnahmt, und zwar zusammen mit den TOR-Servern. Als Grund wurde Kinderpornografie angegeben (das beliebteste Totschlagargument, wenn eine Zensur/Filterung/Überwachung des Internets oder ähnliches durchgesetzt werden soll). Natürlich wurde nicht offen gesagt „Wir gehen gegen die Anonymität im Internet vor“. Die DDR war ja auch die Deutsche Demokratische Republik. (Ich will damit keinen Vergleich zwischen der DDR und heute ziehen, sondern darauf hinweisen, dass Worte und Wirklichkeit oft auseinander liegen.) Weder TOR-Server noch AN.ON-Server ermöglichen Rückschlüsse auf die Nutzer (das ist das Ziel dieser Systeme) und somit sind die Beschlagnahmen sinnlos. Sie können entweder dadurch verursacht worden sein, dass die Polizei keine Ahnung hat, was sie beschlagnahmt (in dem Fall darf sie nicht beschlagnahmen) oder aber einen gezielten Angriff gegen Anonymisierungssysteme in Deutschland. Letzteres halte ich für wahrscheinlicher, denn wiederholte Durchsuchungen/Beschlagnahmen schrecken ab. (Was mich übrigens wundert, ist, dass die Betreiber erst 5 Tage später davon erfuhren. Ich würde innerhalb von 24 Stunden merken, wenn mein persönliches Blog offline wäre. Aber allein schon, dass es wohl keine offizielle Benachrichtung gab und das ganze still und leise stattfinden sollte, ist interessant – wobei ich mich nochmals frage, wie bei einem vielgenutzten Server sowas geht, ohne dass es sofort auffällt. UPDATE: Siehe Kommentar Nr. 2 – der Ausfall wurde für einen technischen Defekt gehalten.)
Ich halte es für extrem bedenklich, dass Opfern ungerechtfertigter Durchsuchungen (und wenn eine Durchsuchung unberechtigt war, handelt es sich um ein Opfer) keinerlei Entschädigung zusteht. Die Polizei kann also relativ straffrei unter einem Vorwand missliebige Personen wiederholt durchsuchen und sie dadurch quasi ohne Gericht bestrafen. Meiner Meinung nach verstößt diese Möglichkeit wiederholt gegen das Grundgesetz, das in letzter Zeit leider immer häufiger missachtet wird.
Daher sehe ich es als meine Pflicht an, hier einige Seiten aufzulisten, die über ähnliche Fälle berichten und gegen einen Polizeistaat kämpfen. Vorher möchte ich allerdings noch ein Zitat liefern: „Wirft man einen Frosch in kochendes Wasser, so springt er heraus. Setzt man ihn jedoch in kaltes Wasser und erhitzt es, bleibt er im Wasser und wird bei lebendigem Leibe gekocht.“ Korrekt ist das zwar nicht, aber es ist eine gute Metapher dafür, wie man ein freies Land in eine Diktatur verwandelt. Eine entsprechende Geschichte mit Anregungen zum Nachdenken findet sich hier. Im Moment wird das Wasser warm. Ich hoffe, dass es noch nicht zu warm ist, um zu entkommen – aber sicher bin ich mir damit nicht. Viele Menschen merken einfach zu spät, was läuft, und wenn es genug gemerkt haben, sind die autoritären Strukturen bereits ausreichend ausgebaut, sodass kaum noch etwas dagegen unternommen werden kann – vor allem in Deutschland. (In Frankreich wäre das schwieriger, wenn da was schiefläuft, dann meldet sich die Bevölkerung…)
Nun die versprochene Linkliste:
STOP 1984 setzt sich gegen Überwachungsstaatliche Tendenzen ein. Die Newslinks auf der Seite sind eine gute Quelle, um über alle Nachrichten, die auf solche Tendenzen hindeuten, informiert zu werden.
Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (dem auch der beschlagnahmte Server gehörte) macht seine Aufgabe sehr gut.
Der Wikipedia-Artikel „Anonymität im Internet“ ist auch sehr informativ.
Die Piratenpartei Deutschland ist eine (trotz des Namens ernsthafte!) neu gegründete Themenpartei, die sich einsetzt für Datenschutz und für eine Lockerung des Urheberrechts (Uneingeschränkte Erlaubnis nichtkommerzieller Kopien) und sonstige Themen, die andere Parteien stiefmütterlich oder gar nicht vertreten, da diese Themen schlichtweg zu neu sind.
Als weiteres „Schmuckstück“ an Nachricht kann ich den Telepolis-Artikel „Dann kommen die Jungs, wo man nur die Augen sieht“ empfehlen, der zeigt, wie die Demokratie heute aussieht und mit welchen Mitteln Menschen davon abgehalten werden, ihne Meinung wirklich friedlich zu äußern. Ein Vergleich des Versammlungsgesetzes mit dem entsprechenden Artikel des Grundgesetzes könnte einigen auch die Augen öffnen.
Diese Liste besteht nur aus den mir gerade jetzt einfallenden Seiten und wird noch verlängert.
Diese Vorfälle sind auch im Ausland bekannt und viele Blogs berichten darüber. Die Links werden nach und nach hier eingefügt.
Viele Personen sind anderer Meinung. Dabei sind die häufigsten Argumentationen „Wir müssen was gegen Terror/Kinderpornos/Raubkopien machen. Und du hast doch nichts zu befürchten, oder hast du etwas zu verbergen?“ In den Kommentaren vom Lawblog-Artikel fand ich folgendes Gegenargument:
Verdammt nochmal, ich _HABE_ was zu verbergen – und jeder der das anders sieht möge mir bitte mal seine Kontoauszüge der letzten 2 Jahre schicken. (Autor: Deneriel)
Die ironische „Lösung“ von Olav, die die momentane Praxis der Polizei und Politik auf den Punkt bringt, hat mir auch gefallen:
Einsperren. Alle. Wird schon der richtige dabei sein.
Kulturelle Missverständnisse
Als die Archäologen sich zum ersten Mal die Satellitenbilder ansahen, konnten sie ihren Augen nicht trauen. Aus der Epoche waren keine derartigen Bauwerke bekannt. Die Menschen der damaligen Zeit legten üblicherweise keinen großen Wert auf gigantische Bauten, und das meiste aus ihrer Zeit war verlorengegangen, weil sie ihre Informationen nicht dauerhaft speicherten. Warum sie dies taten, war unbekannt, sie schienen eine sehr weit entwickelte Kultur gewesen zu sein, doch dies war längst Vergangenheit. Die Städte waren zerfallen, von den Straßen konnte man kaum noch Spuren finden. Aber diese Einrichtung war anders. Sie war aus massivem, festem Stein. Es war die einzige auf der ganzen Welt. Auf den Steinen waren in einer antiken Sprache Botschaften eingemeißelt, die die Jahrtausende überdauert hatten – leider konnte sie niemand übersetzen. Es waren auch Bilder eingemeißelt, anscheinend ein Versuch, primitiven Kulturen eine Botschaft zu übermitteln. Sie zeigten die schmerzverzerrten Gesichter von Menschen. Vermutlich handelte es sich um einen Versuch, jeden abzuschrecken und eine rituelle Stätte oder etwas ähnliches zu schützen. So wenig Wert die damaligen Menschen – vor über 5000 Jahren – auf dauerhafte Monumente legten, dies musste etwas einzigartiges sein. Hinter einer Wand aus gigantischen Blöcken fanden sich Massen an Geröll, offenbar ein Versuch, die Gegend unwirtlich und unbewohnbar zu machen und jede nachfolgende Generation davon abzuhalten, die rituelle Stätte zu betreten. Die Grabungen wurden jedoch mit modernster Technologie fortgesetzt, und inzwischen konnte der Großteil des Gerölls beseitigt werden. Darunter befand sich eine massive Platte aus hartem, schwarzen Gestein, welche sich in der Sonne aufheizte und den Aufenthalt dort nahezu unmöglich machte. Ein derart großes, ausgeklügeltes und aufwändiges System, Eindringlinge fernzuhalten, ist in der Geschichte einzigartig. Durch Sprengungen war es jedoch möglich, die massive Platte zu durchbrechen. Während dieser Arbeiten wurden sowohl weitere Steintafeln, anscheinend mit Drohungen, entdeckt. Tausende identische Tafeln waren im gesamten Gebiet verstreut. Ein verschütteter Schacht wurde entdeckt und ausgegraben. In einer großen Tiefe wurde eine Kammer entdeckt, die mehrere große, metallische Objekte enthielt, deren Zweck bis heute unbekannt ist. Einige der Objekte sind warm, die Ursache für dieses Phänomän ist unbekannt. Die Kammer wurde vor 15 Jahren zuerst für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und stellt heute den zentralen Teil des Antikermuseums da. Es wird gemutmaßt, dass die Antiker hier eine zentrale Stätte ihrer Kultur hinterlassen haben. Einige der eiförmigen Gebilde wurden unter großen Anstrengungen an die Oberfläche geholt und mit großem Aufwand geöffnet. In ihrem Inneren befand sich, geschützt und gepolsert, ein unbekanntes Material, welches jedoch keine besonderen Eigenschaften zu haben scheint. Vermutlich hatte diese Stätte eine rituelle Bedeutung, die uns für immer verschlossen bleiben wird. Die Kammer kann täglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang besichtigt werden. Wir weisen Sie darauf hin, dass von einigen Personen am Eingang oft verbreitete Behauptungen, die Kammer sei gefährlich und jeder, der sie betritt, würde sterben, keine wissenschaftliche Grundlage haben. Es handelt sich hierbei um die Verschwörungstheorien von leichtgläubigen Personen, die anscheinend auf die Behauptungen der Antiker, die Eindringlige fernhalten sollten, hereingefallen sind.
Diese Geschichte basiert auf einer Begebenheit, die in einigen Jahrtausenden wirklich passieren könnte. Mehr Informationen finden sich hier.
Archäologie andersrum
Was würden heutige Archäologen machen, wenn sie eine seltsame, einem unbekannten Zweck dienende Stätte von gigantischen Ausmaßen entdecken, versehen mit gigantischen Steinen und vielen identischen Tafeln in unverständlicher Sprache? Und wenn sie dann auch noch merken würden, dass von dort aus Tunnel in die Tiefe führen? Genau. Sie würden dort graben, und je besser geschützt die Stelle wäre, desto eher würde das die Forscher motivieren, genauer nachzuschauen. Wenn dann tief unter dieser Stelle große, metallische, aus unerklärlichen Gründen warme Metallobjekte gefunden würden, würde man versuchen, sie aufzubekommen. Je schwerer das wäre, desto eher würde man es versuchen. Wenn die Archäologen die Tafeln halbwegs verstehen würden, und darauf Hinweise zu finden wären wie „Hier gibt es nichts zu finden, geht weg, hier nicht graben, hier wartet der Tod auf euch, ihr könnt die Gefahr nur nicht sehen, sie ist da!“ würden die Hinweise wohl als Versuch, Plünderer von einer rituellen Stätte abzuhalten abgetan und die Grabungen fortgesetzt oder gar noch beschleunigt. Warum sollten andere Leute in der Zukunft sich anders verhalten?
Dieses Problem haben US-Wissenschaftler nun. Man stelle sich vor, man hat einen großen Haufen Atommüll. Atommüll hat die dumme Eigenschaft, eine sehr große, ähm, Haltbarkeitsdauer zu haben, die die Lebensdauer von Zivilisationenen deutlich überschreitet. Man will diesen Atommüll nun verbuddeln, allerdings ist man so nett und denkt daran, wie man sicherstellen kann, dass spätere Zivilisationen keinen Schaden davontragen, z. B. wenn Archäologen den Müll wieder ausbuddeln und sich wundern, was das für ein komisches Zeug ist.
Die vorgeschlagene Lösung kann man bei „Wired News“ oder direkt bei der US-Atombehörde nachlesen: Es wird eine monumentale Anlage gebaut, die auf die Gefahr hinweisen soll. Und meiner Meinung nach liegt genau darin ein Problem: Je besser geschützt die Müllfässer wären, desto eher würde das die Forscher motivieren, sie aufzubekommen. Falls sie eine seltsame Strahlung feststellen könnten, aber ihre Gefährlichkeit nicht kennen würden, würde das wohl auch als Motivation dienen.
Ich denke aber, dass eine recht gute Chance besteht, dass spätere Zivilisationen durchaus wissen werden, was Atommüll und Radioaktivität sind, und vor allem, dass man einen weiten Bogen drum machen sollte, denn entweder das Wissen wird überliefert, weil unsere Zivilisation nicht völlig untergeht, oder aber unsere Nachfolger werden wissen, dass sie den Verlust unserer Zivilisation einem Atomkrieg zu verdanken haben (Radioaktiver Fallout überall dürfte da als Erinnerungshilfe dienen). Am sinnvollsten hielte ich es übrigens immer noch, den Atommüll wie geplant tief zu vergraben, aber die Hinweise darauf ebenfalls (nur wenige bis ein paar dutzend Meter über dem Müll), sodass die Gefahr, dass überhaupt etwas entdeckt wird, stark reduziert wird.
Vieleicht schreibe ich zur Belustigung der Leser noch eine Sci-Fi-Geschichte, in der ein zukünftiger Archäologe den Atommüll ausgräbt. Bis dahin kann ich nur empfehlen, meine Geschichte „Homo Sapiens“ zu lesen.
UPDATE: Die Geschichte ist jetzt hier zu lesen.