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HD- und Größenwahn bei Fernsehern
Fernseher müssen immer größer werden und immer größere Auflösungen haben, scheint zumindest der heutige Trend zu sein. Mir erscheint er allerdings ziemlich hirnrissig. Ein wenig Biologie und Mathematik lassen schnell deutlich werden, warum: Weder ein größerer Fernseher noch eine höhere Auflösung dürften einen nennenswerten positiven Effekt haben!
Wie groß ein Objekt erscheint, hängt davon ab, welchen Winkel es in unserem Gesichtsfeld einnimmt. Ein Geldstück auf Armlänge erscheint somit genauso groß wie die Sonne – obwohl die Sonne größer ist, ist sie doch deutlich weiter entfernt. Eine 30 Meter lange Boeing 737 in 100 Meter Entfernung und ein 30 Zentimeter langes Modell einer Boeing 737 in 1 Meter Entfernung erscheinen gleich groß. Das wir Größen einschätzen können, liegt erstens an Erfahrungswerten – wir wissen, dass eine Münze einige Zentimeter Durchmesser hat, ein Mensch knapp zwei Meter hoch ist etc. Zudem haben wir zwei Augen, was dazu führt, dass wir Entfernungen schätzen können und somit wieder auf die Größe von Objekten schließen können.
Und genauso verhält es sich mit den Bildschirmen: Mein Bildschirm mit einer Diagonale von 15 Zoll, welchen ich aus 75 Zentimeter Entfernung betrachte, hat die gleiche effektive Größe wie ein Plasmafernseher mit 50 Zoll (127 cm) Diagonale, den ich aus 2,5 Meter Entfernung betrachte. Der einzige Unterschied: Der Fernseher kostet über 2000 EUR, während der Bildschirm unter 200 EUR kostet.
Bevor jemand mit dem Argument kommt, es sei ungesund, so nah am Bildschirm zu sitzen: Die Faustregel lautet, dass der Abstand das Fünffache der Diagonale betragen soll. Daraus wiederum folgt, dass egal wie groß der Fernseher wirklich ist, er nie größer erscheint, weil man ja entsprechend weiter entfernt sitzt.
Natürlich mag es angenehmer sein, aus vier Meter Entfernung vom Sofa aus einen gigantischen 2-Meter-Fernseher anzuschauen, von daher sind diese Riesenfernseher vieleicht nicht vollkommen sinnlos. Aber für 2000 EUR bekommt man schon einen seeehr bequemen Sessel, und nicht vergessen: Laptops kann man überall plazieren.
Dann gibt es ja noch das Argument mit der Auflösung, vor allem für HD-TV. Der erwähnte Fernseher hat eine Auflösung von 1366 x 768 Pixeln, mein Bildschirm eine von 1024 x 768 Pixeln – der Fernseher hat also zwar eine um ca. 30% höhere Auflösung, aber ich bezweifle, dass das die Qualität bedeutend erhöhen wird. Auf meinem Bildschirm scheint mir das Bild weder unscharf noch pixelig. Zudem gibt es längst Bildschirme mit höheren Auflösungen. Außerdem bringt einem eine hohe Bildschirmauflösung nichts, wenn das Videosignal in niedriger Auflösung vorliegt. DVDs haben eine maximale Auflösung von 720×576 Pixeln – und ich glaube nicht, dass man die höhere Auflösung bei HD-TV sehen wird – die bisherige Auflösung (1024 Pixel bei 30 cm Breite betrachtet aus 75 cm) liegt schon relativ nahe am maximalen Auflösungsvermögen perfekter menschlicher Augen (1 Pixel in der gegebenen Konfiguration entspricht ca. 1,4 Winkelminuten, das maximale Auflösungsvermögen beträgt je nach Art der Information 0,3-2,0 Winkelminuten, siehe Wikipedia).
Zudem hat HD-TV auch ziemliche Nachteile, wie z. B. ein DRM („Kopierschutz“), welcher auch die private Aufnahme von Sendungen verhindert und die Konsumenten einschränkt, wo es nur geht. So kann es passieren, dass ein Gerät plötzlich hochauflösende Inhalte gar nicht oder nur in mieser Qualität zeigt, weil dem Hersteller die Schlüssel geklaut wurden, oder dass man regelmäßig für Schlüssel-Updates bezahlen muss. Zudem werden die ohnehin schon unsäglichen Preise für DVDs wohl bei HD-DVDs noch höher. Die Werbung kann dann natürlich auch nicht mehr umgangen werden, und Privatkopien gibt es dann auch nicht mehr (illegale Kopien allerdings natürlich immer noch).
FAZIT: Weder der Wahn nach immer höheren Auflösungen noch riesige Fernseher für vier- bis fünfstellige Beträge machen unbedingt Sinn, sondern dürfte ein gezielter Hype der Multimediaindustrie sein, nur um wieder etwas neues verkaufen zu können und nebenbei noch die Verbraucher einzuschränken.
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