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Mischmasch 14 – Politik und Demokratie
Leider habe ich immer noch keine Lust gehabt, die nötige Software für die Zusamenfassung interessanter News und kurzer Kommentare zu programmieren. Ein Studium macht es nicht gerade leichter, vor allem nicht, da es (inkl. der Studiengebühren, danke Herr Koch) finanziert werden muss.
Zwei Newskommentare wollte ich doch nicht fehlen lassen:
Die SPD will ein 130er Templimit auf Autobahnen – ob es sinnvoll ist, kann und will ich nicht beurteilen (und will eigentlich auch keine Diskussion darüber in den Kommentaren, da das wahrscheinlich Richtung Glaubenskrieg ausartet). Allerdings bin ich mir sicher, dass aufgrund des Grundsatzes „freie Fahrt für freie Bürger“ (auch wenn es wohl bald eher „freie Fahrt für unfreie Bürger“ heißen müsste, wenn es so mit Schäuble & Co. weitergeht) die SPD mit ihrem Vorstoß zahlreiche Wähler verloren und nur wenige gewonnen hat. Wenn das Limit bei 160 gefordert worden wäre, gäbe es glaube ich deutlich mehr Zustimmung, aber so seh ich die Zukunft schwarz (hm, passendes Wortspiel, leider). Obwohl der Klimaschutz-Wahn vielleicht doch zum Gegenteil beitragen könnte, das „Bürgerrecht“ auf das Rasen lassen sich die Deutschen wohl nicht so gerne nehmen (im Gegensatz zu den echten Grundrechten, deren Aufgabe sie teilweise sogar fordern und fördern).
Putin will die Menschenrechte in der EU überwachen – obwohl es sich vermutlich um billigste Propaganda handeln wird, da Russland, na ja, nicht gerade als Vorbild für eine Demokratie gilt, finde ich die Idee gut. Putin wird sich nämlich wohl nicht mal die kleinste Einschränkung der Grundrechte entgehen lassen, und er wird aggressiv und medienwirksam darauf aufmerksam machen. Soll mir recht sein. Ich habe die nötigen Ressourcen leider nicht – Putin schon.
Über die (scheinbaren) Vorteile von Videoüberwachung
Gestern bin ich durch einen Trickdieb um einen nicht gerade unerheblichen Geldbetrag ärmer geworden, obwohl mir das Verhalten verdächtig war und ich aufpasste. Diesen Trick kannte weder ich noch die Polizisten in dieser Form (auch wenn es nur eine minimale Abwandlung der üblichen Methoden war), und ich kann immer noch nicht nachvollziehen wie es klappen konnte, aber na ja, scheiße halt, eben Pech gehabt, kann man nix machen, Dummheit wird bestraft. (Wer Geld wechselt, sollte sich dabei eben nicht „helfen“ lassen…)
Obwohl die Chancen, dass der Trickdieb gefasst wird und ich mein Geld wiedersehe, natürlich nahe Null sind, habe ich sofort (habe es eine Minute danach gemerkt) die 112 vom Handy aus angerufen und bekam dann auch (15 Minuten später, obwohl mitten in Frankfurt – naja, es gibt wohl wirklich wichtigeres) eine Streife vorbeigeschickt. Dummerweise bin ich im Personen beschreiben und Gesichter merken sehr schlecht (obwohl es mir durch die Fragen der – übrigens sehr freundlichen – Polizisten leichter fiel, als ich dachte). Obwohl sich der Vorfall in einer U-Bahn-Station ereignet hat, gab es keine Kamera (es war nicht am Bahnsteig, sondern auf der Zwischenebene) – und natürlich dachte ich „hm, Videoüberwachung wär echt nicht schlecht gewesen“. Damit hätte es nämlich recht sicher ein brauchbares Bild des Täters gegeben, was zumindest das Problem der Identifikation gelöst hätte. Selbst wenn ich nämlich in einer Woche Bilder anschauen soll (wie mir gesagt wurde), werde ich mich bis dahin wohl nicht mehr gut genug an den Täter erinnern.
Nun aber mal fix weitergedacht: Dieser Vorfall hätte sich überall ereignen können, eine U-Bahn-Station war es wohl, weil es da grad wärmer war als draußen. Wenn man also annimmt, dass Kameras für solche Fälle sinnvoll wären, wären eigentlich eine flächendeckende Überwachung die logische Folge daraus. Diese ist jedoch aus mehreren Gründen abzulehnen:
Bei jeder Maßnahme ist immer der Nutzen mit den Schäden zu vergleichen. Da wäre zuerst der direkte Schaden durch die immensen Kosten einer flächendeckenden Überwachung – Anschaffung, Wartung, Auswertung, Speicherung und Strom sind bei so was nicht billig. (Allein schon der Stromverbrauch dürfte mindestens ein zusätzliches Kraftwerk nötig machen.) Obwohl dieses Argument leider das Einzige sein dürfte, was Politiker interessieren würde, ist es eines der Unwichtigsten.
Videoüberwachung (egal ob flächendeckend oder nicht) kann auf drei Arten benutzt werden: Sinnvoller Gebrauch gegen wirkliche Straftaten, simpler Missbrauch (z. B. durch gelangweilte Polizisten, zum Verfolgen des unliebsamen Nachbarn oder zum Spannen) und – und das dürfte am Gefährlichsten sein – gezielter Missbrauch gegen politische „Straftaten“. Die Gefahr ist besonders gegeben, weil man Personen, die eine unbequeme Meinung äußern (Dissidenten), meist als Terroristen deklariert (siehe weniger demokratische Länder) und die Überwachungsmaßnahmen für Terroristen gedacht sind. So ein Missbrauch kann auch durch völlig andere Personen erfolgen als die, die (vielleicht sogar mit guten Absichten) die Überwachung eingeführt und damit aber auch das Missbrauchspotential geschaffen haben. Und dieses Missbrauchspotential ist sehr hoch, und damit ist im Falle einer demokratiefeindlichen Regierung Missbrauch vorprogrammiert.
Insbesondere an Bahnhöfen und Stationen (wo Überwachung meist stattfindet) und großen Straßen (Mautsystem!) ist es kritisch. Auch Dissidenten müssen reisen, und sie werden wohl kaum zu Fuß in die nächste Stadt laufen. Dissidenten und Terroristen ähneln sich sehr, man kann sogar beides gleichzeitig sein – der eigene (undemokratische) Staat und ein Teil der Bürger kann einen für einen Terroristen halten, währen die anderen (demokratischen) Staaten und der andere Teil der Bürger einen für einen Freiheitskämpfer und zu Unrecht politsch verfolgten Dissidenten halten. (Bevor Vermutungen kommen, nein, ich halte Deutschland nicht für eine Diktatur.)
Die Überwachung greift tief in die Freiheitsrechte ein, insbesondere in das Recht, sich innerhalb des Bundesgebiets frei zu bewegen – wird man wirklich zu einem Treffen der (Oppositions-)Partei seiner Wahl gehen, wenn man davon ausgeht, dass „Big Brother“ (dem das vermutlich nicht gefällt) das sieht? Eine Totalüberwachung ist somit verfassungswidrig und nicht wünschenswert. Das Bundesverfassungsgericht ist übrigens auch dieser Meinung (zum Glück).
Ich kann jetzt aber wenigstens verstehen, warum die breite Masse bei der Frage „Wollt ihr die totale Überwachung?“ ein lautes „JAAA!“ brüllen würde. Ich würde es immer noch nicht tun. Aber ich war kurz davor. Hätte ich nicht nochmal darüber nachgedacht, würde hier wohl ein etwas anderes Posting stehen. Und über jede Sache erstmal lange nachzudenken, kann man wirklich nicht von jedem Bürger, der sich nicht wirklich für solche Themen interessiert, erwarten – das Verhalten der Masse ist also nachvollziehbar und man kann den Leuten leider keinen Vorwurf machen. Richtig ist es trotzdem nicht.
Wenn also wieder mal jemand meckert, dass man ja nur so lange gegen Videoüberwachung sei, bis man selbst Opfer wird, hier ist der Gegenbeweis, inklusive Argumentation.
Mal abgesehen davon hätte Videoüberwachung nur das Problem mit der Personenbeschreibung gelöst. Weg wäre der Dieb trotzdem (außer natürlich bei wirklich flächendeckender Überwachung, und das man die nicht will, ist entweder sowieso einleuchtend oder hilfsweise eben ausreichend durch das Bundesverfassungsgericht geklärt).
Übrigens noch zur Problematik des Geldwechselns allgemein: Es gibt sehr viel mehr normal verlaufende Wechsel als solche mit Betrügern. Aus Angst überhaupt nicht mehr zu wechseln wäre falsch, eine solche Mentalität würde mehr schaden als nutzen (irgendwann braucht man auch mal Kleingeld). Aber man sollte eben wachsam sein – ich Idiot hätte es besser wissen müssen, da während der Sache eigentlich klar war, dass ich entweder einem Betrüger oder einem Geisteskranken Geld welchsele, und ich zahlreiche dieser Betrügertricks kenne und eigentlich eher „Paranoid“ als unvorsichtig bin. Übrigens sieht man hier einen recht klaren Fall, warum auch vermeintlich „kriminelles“ Wissen nicht verboten werden sollte (wie es z. B. mit dem Hackerparagraphen geschieht), da dieses Wissen durchaus hilft, sich zu schützen (auch wenn es in diesem Fall nicht gereicht hat). Sehr zu empfehlen ist übrigens die englische TV-Serie „The Real Hustle“, bei denen solche und noch deutlich fiesere Tricks vorgeführt werden. (Beispiel: falsche Bankangestellte, die von ahnungslosen Kunden Geld entgegennehmen)
Ergänzung: Ich dachte, das hätte ich schon früher ergänzt. Die Polizei rät tatsächlich, lieber gar kein Geld mehr zu wechseln.
Schuldig bis zum Beweis des Gegenteils
Sicherheitsexperten sollen ihre Arbeit gut dokumentieren, dann machen sie sich vermutlich nicht nach dem Hackerparagraphen strafbar. Soweit ein Expertengutachten eines Sicherheitsinstituts.
Wer also nicht anhand einer umfangreichen Dokumentation beweisen kann, dass er die Tools nicht „bösartig“ einsetzt, muss wohl damit rechnen, sich strafbar zu machen. Die Staatsanwaltschaft muss also keine Schuld mehr beweisen, sondern man selbst die eigene Unschuld. Schöner Rechtsstaat.
Diese Regelung dürfte vor allem diejenigen treffen, die nicht hauptberuflich mit solchen Tools arbeiten, aber trotzdem lernen wollen, wie Sicherheitslücken ausgenutzt werden, um sich zu schützen. Ohne das – recht eindeutig „böse“ Haxx0r-T00l – Cain hätte ich wohl nicht so schnell gelernt und verstanden, wie SSL (https) funktioniert, was für Angriffe möglich sind und wie man sich schützt. Sicherheitsfirmen hingegen dürften grade so fein raus sein – eigentlich sollten Gesetze nicht nur die Interessen von Firmen, sondern auch und vor allem die von Privatpersonen schützen.
Auch bei der „Ausnahme“ bei guter Dokumentation handelt es sich aber um eine Grauzone. Wie ein Richter entscheidet, der keine Ahnung von der Materie hat, steht in den Sternen, es ist jedoch anzunehmen, dass der Staatsanwalt (der vielleicht auch keine Ahnung außer „Hackertoolz=pöhße“ hat) ihm einreden kann, was er will. Und während ein Mitarbeiter einer offiziellen, legalen Firma wohl eher nicht verknackt wird, weil er seiner Arbeit nachgeht, sieht es bei jemandem, der sich nur zum Spaß mit dem Thema beschäftigt, wohl schon anders aus. Da dürfte die Aussage eines Staatsanwaltes „der hat Hackertools, und das sind Programme, mit denen man Onlinebanking-Daten klauen kann“ reichen. Es lebe der Rechtsstaat.
Idee: Öffentlich-rechtliche Sender ohne Kosten überall
Die öffentlich-rechtlichen Sender versuchen immer weiter zu expandieren, sie haben jetzt schon (teils sogar recht brauchbare) Internet- und Mobilangebote, und es wird immer weitergehen. Allerdings sind damit auch immer höhere Kosten und GEZ-Abgaben auf immer mehr Geräte verbunden. Daher habe ich eine Idee für eine einfachere Lösung:
Den Content einfach in brauchbaren Formaten (d. h. mit Metadaten etc.) zum Download anbieten und die Weiterverbreitung erlauben. Das Internet bzw. die Nutzer kümmern sich dann schon um den Rest. Und wenn eine neue Technologie aufkommt, wird sich irgendjemand auch darum kümmern, dass die Inhalte da verfügbar sind.
Die Sender haben damit wenig Kosten, und das Ganze wäre sehr flexibel und würde vermutlich gut auf die Wünsche der Nutzer eingehen (z. B. bei Dateiformaten und ähnlichem).
Es wäre jedenfalls sinnvoller, als viel Geld für recht starre Systeme auszugeben und dieses Geld per Zwangsabgabe wieder einzutreiben. Die Frage ist natürlich nur, ob die Sender sowas wirklich wollen – allerdings dürften die zusätzlichen PC-Abgaben die Kosten für die Websites überhaupt nicht decken.
Schäuble gesteht
Es geht um dieses Youtube-Video – in dem Schäuble unter anderem zugibt, keine Ahnung von Online-Durchsuchungen zu haben:
Ich finde, es handelt sich um eines der Besten und Wichtigsten Videos zu dem Thema. Schäuble zeigt, dass er noch nicht völlig wahnsinnig ist, und ich möchte auch die positiven Punkte hier anbringen, da ich nicht unfair sein will, auch nicht gegenüber Schäuble. Hier die wichtigsten Punkte:
- Die erhöhte Zahl der Maßnahmen ist zumindest zum Teil sicher auch auf das angesprochene Phänomen zurückzuführen, dass Menschen (und damit auch Terroristen) immer mehr Kommunikationswege nutzen und Terroristen immer mehr „Einweghandies“ benutzen. Ob die steigende Zahl aber allein daran liegt, oder tatsächlich die überwachten Personen gestiegen sind, ist unklar, aber ich nehme an, dass es einen tatsächlichen Anstieg gab, da der Respekt vor der Privatsphäre einfach verloren gegangen ist.
- Nebenbemerkung: Wenn 99,9% der Menschen in Deutschland nicht betroffen wären, wären das immer noch 82 tausend Betroffene.
- Schäuble scheint tatsächlich Wert darauf zu legen, die Überwachung nur unter Beschränkungen zu erlauben (und nicht, diese Beschränkungen bloß so locker wie möglich als Deckmantel vor dem Verfassungsgericht anzuwenden).
- Nur der Präsident des BKA soll den Überwachungsantrag stellen dürfen. Auch wenn solche Beschränkungen formal keine beondere Rolle spielen, tragen sie doch dazu bei, den Missbrauch zu reduzieren und die Nutzung auf wichtige Fälle zu beschränken. Das ist also eine gute Idee. Allerdings ändert es natürlich nichts daran, dass die „wichtigen“ Fälle später schnell die unangenehmsten Dissidenten statt der gefährlichsten Terroristen sein könnten, außerdem ist diese Beschränkung leicht wieder abzuschaffen, da sie – wie gesagt – formal keine besondere Bedeutung hat (im Gegensatz z. B. zum Richtervorbehalt). Weiterhin ist mit „Präsident des BKA“ vermutlich „Präsident des BKA und seine Vertreter“ gemeint, was die Regelung wirkungslos macht, da eben nicht nur der Präsident des BKA persönlich (was eine sinnvolle Beschränkung wäre), sondern auch seine Sekretärin, sein Vertreter und eventuell sogar noch viel mehr Personen diesen Antrag am Ende stellen können. (Man beachte, dass z. B. „der Datenschutzbeauftragte“ die Bezeichnung für die gesamte Dienststelle ist!)
- Schäuble fordert einen Richtervorbehalt, was er soweit ich weiß bisher auch nicht immer getan hat.
- Schäuble sagt, dass viel Unsinn erzählt wird. Er hat recht. Keiner weiß vermutlich, wie eine Online-Durchsuchung wirklich aussehen könnte. Ob (physikalsiche) konspirative Wohnungsdurchsuchung mit der Installation von Trojanern/Hardware-Keyloggern, Angriffe per Exploit, gefälschte CDs oder modifizierte Downloads – es gibt viele Spekulationen, und das BKA und das Innenministerium geben auch nur widersprüchliche Infos heraus. Auch Schäuble erzählt viel Unsinn, aber:
- Schäuble gibt endlich zu, dass er keine Ahnung von Onlinedurchsuchungen hat! (gegen Ende des Videos)
- Das Argument, die Maßnahmen seien so aufwändig, dass nur wenige davon stattfinden würden, ist wiederum Unsinn. Die Aktionen der Stasi 1.0 waren auch aufwändig, und sie wurden in großen Mengen gemacht. Und der Aufwand dürfte heute geringer sein.
All diese positiven Punkte werden relativiert dadurch, dass nicht klar ist, ob Schäuble aus Überzeugung spricht (das wäre gut, aber ich bezweifle es) oder nur, um seine überzogenen Ideen in der Öffentlichkeit zu verteidigen. Die Onlinedurchsuchungen sind immer noch verfassungswidriger Unsinn, der zahlreiche Rechtsstaatprinzipien verletzt, mal ganz abgesehen davon, dass laut dem Gesetzentwurf die Durchsuchungen automatisiert sein sollen(!) – zu all diesen Dingen mehr hier. Der wichtigste Teil dieses Videos ist also Schäubles Geständnis, keine Ahnung von dem zu haben, was er energisch fordert. Wenigstens in diesem Punkt ist er ehrlich.
Google weiß alles
Mal eine Zusammenfassung, was Google über eine Person, die viele Google-Dienstleistungen nutzt alles gespeichert hat
- Suchanfragen und somit einen großen Teil der besuchten Seiten
- Alle besuchten Seiten, wenn der Nutzer die Google Toolbar mit PageRank hat
- Wohnort (Google Earth oder GMail-Adressbuch)
- Komplette E-Mails
- Freunde (GMail – Empfehlungen, Mails und Adressbuch, teils inkl. Photos, Orkut)
- Teilweise eventuell Bewegungsprofil (bei Notebooknutzern) oder zumindest An- und Abwesenheitszeiten (Google Talk)
- Kopien von Dateien (inoffizielle Google-Drive-Funktion, die Dateien in Google Mail speichert)
- Kalendereinträge, persönliche Notizen, Dokumente, Daten (Google Calendar, Notes, Text&Tabellen)
- …und bald eventuell auch Infos über den Gesundheitszustand der Nutzer
- Ergänzung: Interessen anhand der personalisierten Startseite, insbesondere welche Nachrichten man gerne liest (besonders gefährlich, da so leicht Menschen mit der „falschen“ Meinung gesucht werden können)
- Und noch was: Über Google Checkout kriegt Google zahlreiche Bezahlvorgänge mit
Daraus ließe sich ein Persönlichkeitsprofil erstellen, welches wohl mindestens genauso erschreckend wie eine Stasi-Akte wäre – aus all diesen Daten lassen sich meist weitere ableiten. Abgesehen davon hat Google eine ziemliche Macht: Informationen, die nicht in den Suchergebnissen auftauchen, sind aufgrund des Marktanteils zumindest in Deutschland fast schon nicht existent. Google könnte wohl mindestens genauso viel wie normale Medien, vermutlich aber viel mehr, die öffentliche Meinung manipulieren. Das könnte zum Guten und mit akzeptablen Mitteln geschehen (z. B. einer kleinen Nachricht auf der Hauptseite („Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will Ihre Kommunikation vollständig überwachen, Ihren Computer geheim durchsuchen, Ihre Suchanfragen zensieren und Ihre Grundrechte aufheben. Wenn Sie das nicht wollen, wählen Sie die CDU einfach nicht“) oder durch versteckte Manipulation der Suchergebnisse (bei einer Suche oder in den Google News oder in den sonstigen Diensten könnten z. B. Google-kritische Artikel weniger auftauchen etc.)
Ein paar positive Punkte möchte ich aber auch erwähnen. Google Mail verbirgt die IP des Absenders vor dem Empfänger, was recht selten ist. Google ist eine ziemlich gute Suchmaschine (was zum Teil auch durch die Sammlung persönlicher Daten unterstützt wird).
Auch über jemanden, der Google ablehnt und gar nicht nutzt, werden Daten gespeichert:
- Öffentlich sichtbare Infos auf Webseiten etc. werden zusammengetragen
- Adressen, Telefonnummern und Fotos werden eventuell durch andere in deren GMail-Adressbücher gespeichert.
- Über die Statistikfunktionen in der Google-Werbung und Google Analytics zahlreiche besuchte Seiten (ich befürchte, dass mein Bloganbieter auch Google Analytics einbaut!)
- An GMail-Nutzer geschickte Mails, oder Mails, die von einer normal aussehenden Adresse vom Besitzer der Adresse an GMail weitergeleitet wurden
- An einen Google-Nutzer weitergegebenen Dokumente, welche von diesem mittels Google Text&Tabellen weiterbearbeitet werden
- Ergänzung (wie konnte ich das nur vergessen): Satellitenbilder des eigenen Grundstücks (Google Earth) und teilweise sogar Fotos der Wohnung (von außen durch die Fenster) und Fotos von Straßenzügen, auf denen dann (z. B. auch gerade aus dem Sexshop kommend) Personen erkennbar sind (Google StreetView)
Solange die Daten nicht missbraucht werden, ist es schön. Aber das Missbrauchspotential ist extrem, und zwar nicht nur durch Google und immer wieder auftauchende Sicherheitslücken, sondern auch durch staatlichen Zugriff auf die Daten. Sowohl die Vor- als auch die Nachteile in Einem veranschaulicht schön diese Geschichte. Und der „Terrorist“ hätte auch der echte Leo User sein können, und wer versichert, dass er nicht verhaftet worden wäre, wenn es keinen Vandalismus gegeben hätte, einfach nur, weil seine Einstellung unerwünscht ist? Wer versichert in einem Staat, dass es auch in 5 Jahren nicht passiert?
Übersetzungshilfe
Immer wieder fallen mir blumige, unsinnige Formulierungen in Nachrichtenartikeln auf, die sehr schlechte Dinge schönreden wollen:
So forderte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, dass Schäuble noch mit seinem Bundestrojaner warten soll: „[Es] müsste zunächst eine intensive Aufklärung der Bevölkerung erfolgen, um eine breit angelegte Willensbildung zu ermöglichen.“ – übersetzt in Klartext: „Wir müssen noch abwarten, bis wir durch Propaganda die Massen ausreichend beeinflusst haben, und wir sowas problemlos durchbekommen.“
Oder Johannes Singhammer (CSU, was sonst bei so einem Vorschlag), fordert für mehr Jugendschutz „das Internet stärker in den Schutzumfang einzubeziehen“ –hier ist die Übersetzung nicht ganz klar: entweder „Ich habe keine Ahnung vom Internet“ oder „Wir müssen das Internet zensieren“, wobei letzteres auch aus ersterem entstehen kann. Beide Optionen sind ähnlich wahrscheinlich – CSU-Leute haben meist keine Ahnung vom Internet – außer „das ist neu und (daher) böse“, und für ihr „Demokratieverständnis“ („Wer braucht sowas wie Demokratie?“) sind sie ebenfalls hinreichend bekannt.
Bahnwahn
„Allein die GDL für Streik-Chaos verantwortlich“
Pressemitteilung der DB
Stimmt das? Nun, es ist fast richtig, wenn man ein Wort tauscht:
Allein die Deutsche Bahn für Streik-Chaos verantwortlich
So stimmt es schon eher. Natürlich ist die Bahn nicht allein Schuld, aber ich finde es interessant, mit welcher Vehemenz sie behauptet, dass nur die GDL schuld ist. Meist gilt: Je „lauter“ (extremer) etwas behauptet wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Lautstärke der Behauptung über den mangelnden Wahrheitsgehalt hinwegtäuschen soll – so auch hier. Die GDL befindet sich in einem rechtmäßigen Streik. Sie hat ihn rechtzeitig angekündigt (was mich nach den Klageaktionen der Bahn übrigens sehr überrascht). Die GDL hat das Recht, „Chaos zu verursachen“ – auch wenn dafür diesmal wohl eher die Bahn verantwortlich war (wenn auch natürlich nicht allein).
Ich musste heute von Frankfurt nach Darmstadt und wieder zurück. Daher habe ich gestern abend die kostenlose Streikhotline der Bahn (08000996633) angerufen, da erfuhr ich, dass im Gegensatz zum letzten Streik diesmal keine freie Zugwahl gelte, wenn ein Zug ausfällt (beim letzten Streik konnte man frei wählen, welchen Zug man nimmt, selbst wenn vielleicht der eigene Zug fuhr) – Ausnahmen müssen vor Ort entschieden werden.
Ich bin früher aufgestanden, um den IC um 8:20 nehmen zu können, falls die Regionalbahn um ca. 8:35 ausfällt (oder es doch möglich ist, jeden Zug zu nehmen). Laut Anzeigetafel sollte die RB fahren, und auf Nachfrage bekam ich von mehreren Mitarbeitern die Auskunft, dass der IC tabu ist, selbst wenn der eigene Zug ausfällt! Nachdem ein Mitarbeiter mir sagte, dass die Anweisung „letzte Nacht von Oben, und zwar nicht von Normal-Oben, sondern ganz Oben“ kam, vermutete ich, dass die Bahn das wohl so mache, um die Kunden zu verärgern und gegen die GDL aufzuhetzen. Der Mitarbeiter stimmte dem auch zu, und ich denke, es spricht genug dafür, dass es so ist: In der Nacht frische Anweisung offenbar von oben (das Verhalten der anderen Mitarbeiter deutete auch auf sowas hin, sollte also stimmen), Unterschied zum letzten Mal, widersprüchliche Angaben und abgeschaltete Anzeigetafeln (siehe unten) und natürlich die Bestätigung des Mitarbeiters.
Nachdem dann 3 Minuten vor der geplanten Abfahrt die RB doch ausfiel (warum wollte ich wohl den IC nehmen?), empfahl mir einer der Mitarbeiter, auf die nächste RB um 9:06 zu warten (aber sicher, nur damit die auch 3 Minuten vor Abfahrt gestrichen wird) – ich ging lieber zu den S-Bahnen und tatsächlich – die fuhren. An der Anzeigetafel stand jedoch, dass keine Zuganzeige möglich sei – mit den heutigen Mitteln (automatische Zugverfolgung etc.) sollte es ja wohl möglich sein zu ermitteln, welche Züge in den nächsten 20 Minuten fahren, daher könnte auch das möglicherweise Taktik gewesen sein.
Aus der S-Bahn rief ich vom Handy die kostenlose Streikhotline an. Dort wurde mir erzählt, natürlich dürfte ich bei Ausfall meines Zuges einen anderen Zug nehmen, am Bahnhof wäre mir Unsinn erzählt worden (obwohl ich mehrere Mitarbeiter gefragt habe). Auf dem Rückweg (man hat ja Zeit in der Straßenbahn, der Akku hält lange und die Nummer ist kostenlos) habe ich nochmals per Handy nachgefragt – selbstverständlich könnte ich bei einem Zugausfall den nächsten Zug nehmen, egal welcher Preisklasse. Aha. Also ist die Auskunft der Hotline wohl zumindest reproduzierbar. Am Bahnhof sah ich, dass ich wohl 10 Minuten auf die S-Bahn warten würde, wenn sie kommt, die Schlange am Infoschalter war zu lang, also das Sicherheitspersonal, welches teilweise auch Fahrkarten kontrolliert, gefragt – natürlich dürfe ich nicht jeden Zug nehmen, wenn mir so ein Unsinn an der Hotline erzählt würde, dann hätte ich mir den Namen aufschreiben müssen, damit ich mich dann beschweren könnte, „wenn sie mich schreiben würden“. Super – das „Bodenpersonal“ gibt also ebenfalls reproduzierbar von sich, dass man bei einem streikbedingten Zugausfall nicht den nächsten Zug, egal welcher Art, nehmen darf. Begründet wurde das damit, dass der Fernverkehr ja nicht betroffen sei (aha, wenn also die Fernverkehrszüge fahren, darf ich sie, weil sie fahren, nicht nehmen…) – bei einem anders verursachten Ausfall (Zug defekt etc.) wäre es wohl anders. Ein weiteres Indiz, dass wohl nur die Fahrgäste verärgert werden sollen. Wenn die Bahn sich beim Streik auf „höhere Gewalt“ beruft, sollte sie doch *mindestens* die im Fall höherer Gewalt geltenden Regeln anwenden…
Die Saft-, Wasser-, Croissants- und Gummibärchenverteiler sollen wohl dazu beitragen, dass die Bahn als toller Servicebetrieb dargestellt wird, der alles dafür tut, das grausame, nur von der unverantwortlichen GDL verursachte Übel zu mildern, gegen das die Bahn nichts tun kann. Das ist auch der Tenor in der Presseerklärung – die GDL sei allein für alles verantwortlich, und nicht etwa die Bahn, die sich weigert, unbürokratisch Ausweichzüge anzubieten und wohl alles daran setzt, die Situation im Verborgenen zu verschlechtern, um die Unterstützung der GDL in der Öffentlichkeit zu untergraben. Tja, ich hab ein Croissant in mich hineingestopft, den Saft getrunken und die Gummibärchen gemampft (hoffentlich verursachen die Verteilaktionen wenigstens ordentlich Kosten), meine Meinung geändert hat es aber nicht gerade.
Die „fehlenden“ Notfahrpläne hingegen empfand ich als große Erleichterung. Obwohl die Bahn entgegen ihrer Behauptungen sicherlich etwas hätte machen können, wenn sie gewollt hätte, war der Verkehr ohne Notplan doch deutlich besser als letztes Mal, wo es einen Notplan gab. Die Behinderungen hielten sich für mich wirklich extrem in Grenzen.
Ich finde es allerdings erschreckend, dass das Streikrecht derart unterwandert wird – zuerst das gerichtliche Verbot von Streiks im Güterverkehr, wo der Streik die Bahn wirklich treffen und die Fahrgäste weitgehend verschonen würde, dann die Verpflichtung von eigentlich streikenden Zugführern zu „Notdiensten“ – d. h. ein Streikverbot für diese Personen. Dass ein Gericht auch noch eine Einstweilige Verfügung dagegen wegen mangelnder Dringlichkeit abgelehnt hat, ist eine Frechheit – was soll noch dringlicher sein, als ein gerade (zum Zeitpunkt des Urteils) laufender und in ein paar Tagen wieder anfangender Streik? Die GDL sollte die bei der Bahn beliebte Taktik einsetzen, bei vielen Gerichten so lange zu klagen, bis eines die Einstweilige Verfügung erlässt. Außerdem hoffe ich stark, dass bald ein Gericht die Streiks im Güter- und Fernverkehr wieder erlaubt und die GDL dann sofort zuschlägt, ohne der Bahn wieder eine Chance zu geben, ein Verbot zu erwirken. Und dann soll die Bahn ruhig mal versuchen, den gewerblichen Kunden zu erklären, dass an dem Chaos nur die GDL schuld ist – die lassen sich nämlich nicht mit ein paar Trinkpäckchen abspeisen. Mal schauen, ob dann auch gezielt Beförderungen ausfallen, oder ob man sich gegenüber Firmen doch nicht traut, was man mit Privatpersonen machen kann.
Und ich hoffe doch sehr, dass die Privatisierung der Bahn damit ins Wasser fällt.
Mission accomplished
Zumindest die gezielt geschürte Terrorangst ist definitiv maßlos übertrieben. Im Zeitraum März 2005 bis März 2006 (Da fallen die Terroranschläge von London rein) gab es in Großbritannien 54 Terrortote – und über 700 Opfer stinknormaler Morde (Quelle). Ganz zu schweigen davon, wie viele Menschen im Straßenverkehr gestorben sind. Außer den Londoner Terroranschlägen gab es die letzten 5 Jahre keine tödlichen Anschläge in England. Weitere Dinge, vor denen sich die Schulkinder fürchten könnten (und eher fürchten sollten), wären Erschießungen durch die Polizei, willkürliche Hausarreste und Kommunikationssperren, Totalüberwachung, willkürliche Platzverweise und ein Verlust der Freiheit.
Diese Untersuchung zeigt sehr schön, wie Medienpropaganda und Panikmache wirken. Das Ziel in Großbritannien dürfte erreicht sein. Mission accomplished – einem totalitären Staat steht jetzt nichts mehr im Wege, sobald eine Regierung ihn will, wird sie es schaffen.
Wenn es passiert, dann hoffentlich rechtzeitig, dass Deutschland noch ein abschreckendes Beispiel sieht und die Menschen vielleicht zur Vernunft kommen. Ansonsten haben wir in 10 Jahren hier Verhältnisse wie in England.
Onlinedurchsuchung vs. Abhören
Der alte Artikel an dieser Stelle war falsch, ich habe ihn daher gründlich überarbeitet.
Angeblich soll der NRW-„Landestrojaner“ „nur“ VoIP-Gespräche abhören und nicht Festplatten ausspähen. Wenn das stimmen würde (was es aber wohl nicht tut), wäre eine solche Maßnahme ziemlich genau damit zu vergleichen, dass einige Beamte konspirativ in die Wohnung einbrechen und eine Wanze ins Telefon installieren. Eine laschere Handhabung wäre also auf jeden Fall falsch. Sofern eine solche Wanzenaktion verboten ist, muss über die Onlinewanze gar nicht diskutiert werden.
Laut Lawblog soll ein Trojaner aber eben nicht auf das Abhören beschränkt sein:
Das Verfassungsschutzgesetz NRW liest sich etwas anders, und zwar eindeutig. In § 5 Ziff. 11 heißt es:
… heimliches Beobachten und sonstiges Aufklären des Internets, wie insbesondere die verdeckte Teilnahme an seinen Kommunikationseinrichtungen bzw. die Suche nach ihnen, sowie der heimliche Zugriff auf informationstechnische Systeme auch mit Einsatz technischer Mittel.
Selbst wenn eine normale Wanze erlaubt wäre, und der Trojaner nur abhören würde: Es muss beachtet werden, dass allein dadurch, das Behörden Trojaner nutzen dürfen, ein Dammbruch entstehen würde – kein normaler Mensch wird einen großen Unterschied zwischen „abhören“ und „ausspähen“ machen, und dann lässt sich ein neues, viel weiter reichendes Gesetz recht leicht umsetzen („Abhören ist ja vollkommen ok, steht so im Gesetz, das hier ist nur eine kleine Änderung, wir brauchen das, keine Ahnung warum das nicht direkt dabei war, ist wohl vergessen worden. Wer das ablehnt, will die Terroristen schützen und ist selbst einer“) – daher müssen vermutlich noch strengere Maßstäbe angelegt werden.
Zu hoffen wäre dann gewesen, dass das Bundesverfassungsgericht auch einen eingeschränkten „Abhörtrojaner“ nicht erlaubt – denn jetzt ist als „Bundestrojaner“ die „bloße“ Abhörmaßnahme durch die Medien getrieben worden, und wenn das erlaubt wird, dann können die CDU/CSU-Politiker machen was sie wollen.
Gulli scheint recht gut darüber zu berichten.
Siehe auch: andere Vergleiche „Altmodische Maßnahme – moderne Maßnahme“
Ein DDR-Vergleich
Vor dem Aufregen über den unpassenden Vergleich bitte vollständig lesen!
Aus dem Welt.de-DDR-Quiz (unverifiziert):
Frage: Welcher Artikel der DDR-Verfassung rechtfertigte die Zensur der Medien?
Antwort: In Artikel 27 heißt es: „Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung frei und öffentlich zu äußern.“
Zum Vergleich dazu ein Auszug aus unserem Grundgesetz, Artikel 5 (Absatz 3 weggelassen, Hervorhebung von mir):
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
In der DDR hatte also formal jeder Bürger das Recht, seine Meinung zu äußern, sofern sie nicht verfassungsfeindlich war. Hier reicht für ein Verbot einer Meinungsäußerung bereits ein allgemeines Gesetz oder auch der Jugendschutz.
Ich möchte damit nicht behaupten, die BRD würde so wie die DDR zensieren, so weit sind wir noch lange nicht. Ich will damit vielmehr zeigen, dass was in der Verfassung steht, meist beliebig gedehnt werden kann, um formal alles zu rechtfertigen. Außerdem ist es ein schönes Beispiel, warum ein oft sinnvoll (z. B. gegen Schäuble, absichtlich Urteile ignorierende Behörden etc.) erscheinender Straftatbestand „Verfassungswidriges Handeln“ alles andere als wünschenswert ist – sowas ist eine Aufforderung zum Missbrauch.
24 Stunden vorher
Die Bahn sagte, dass Notfahrpläne nur gemacht werden können, wenn ein Streik 24 Stunden vorher angekündigt wird. Offenbar steht seit Dienstag Nachmittag fest, dass ab Donnerstag gestreikt wird oder zumindest gestreikt werden könnte. Sofern meine Rechenkünste mich nicht völlig im Stich lassen, ist Donnerstag morgen minus 24 Stunden Mittwoch morgen, und Dienstag Nachmittag liegt – zumindest sofern ich mich nicht irre, ist ja spät und so – vor Mittwoch morgen. Die 24 Stunden sind also eigentlich erfüllt.
Die Bahn will aber wohl konkrete „Zusagen“, dass es einen Streik gibt, da man nicht auf eine bloße Möglichkeit mit einem Notfahrplan reagieren will – die Notfahrpläne verursachen selbst nämlich einen ziemlichen Schaden. Somit wäre das Verhalten eventuell noch erklärbar. (Hat man auch schön gesehen – für Donnerstag ist kein Streik angekündigt, Notfahrpläne wären also eine dumme Idee gewesen)
Ich glaube auch gerne, dass man einen Notfahrplan nicht in ein paar Stunden erstellen und organisieren kann. Was aber hindert die Bahn daran, von einem Streikfall auszugehen und den Notfallplan zu verteilen, aber verbunden mit dem Hinweis, dass der Notplan nur gilt, wenn ein Streik angekündigt wird (schließlich ist die Bahngewerkschaft bereit, Streiks am Nachmittag des Vortages anzukündigen). Denn für die dann noch nötigen Vorbereitungen sollten die 6 Stunden zwischen 18 Uhr (Streikankündigung, falls sie spät kommt) und Mitternacht reichen (zumal der Streik eventuell erst später anfangen würde).
Über technischen Datenschutz
Um eine Ausweitung von Überwachung und der Verwendung personenbezogener Daten zu behindern, sollte technischer Datenschutz in folgender Form vorgeschrieben sein:
Alle Systeme, sowohl im privaten als auch im behördlichen Bereich, die personenbezogene Daten verarbeiten, müssen so ausgelegt sein, dass sie für derzeit nicht erlaubte Nutzung von Daten (z. B. Zusammenführung, Auswertung, unbefugter Zugriff) nicht mit vertretbarem Aufwand benutzt werden können – selbst wenn diese Sicherheitsmaßnahmen zusätzliche Kosten verursachen und Nebenwirkungen wie schlechte Erweiterbarkeit zur Folge haben. (Bisher tendieren derartige Schutzvorschriften dazu, „Ausnahmen“ zuzulassen, wenn solche Maßnahmen zusätzliche Kosten verursachen würden, wobei meist die Ausnahme zur Regel und somit der Schutz wirkungslos wird.) Das hieße also nicht nur ein Verbot, ein System gezielt auf Erweiterbarkeit im Bezug auf Data-Mining auszulegen, sondern sogar, eine solche Erweiterbarkeit gezielt aktiv (z. B. durch eine entsprechende Struktur der Datenbanken, an den dafür wichtigen Stellen hart im Programmcode verankerte Systeme usw.) zu behindern. Das würde verhindern, dass durch die Schaffung von eigentlich wünschenswerten Systemen gleichzeitig potenzielle Totalüberwachungsmöglichkeiten geschaffen werden. Denn wenn Schäuble nur einen Knopf drücken muss, um alle Mautdaten für die Fahndung zu verwenden, wird er eher dazu geneigt sein, als wenn dazu das gesamte System teuer quasi komplett ersetzt werden müsste. Ja, so etwas würde die Kosten bei der Verarbeitung personenbezogener Daten stark steigern – umso besser, wenn sich Datensammelei nicht mehr lohnt, ist das auch ein weiterer Schritt zum Datenschutz.
Ich plane, auf Basis dieser Idee eine Petition zu erstellen und beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags einzureichen. Ideen, Vorschläge, Kommentare und so weiter sind deswegen äußerst willkommen! Insbesondere interessant wären konkrete Entwürfe, wie man z. B. das Mautsystem, Statistiksysteme und ähnliche interessante Anwendungen entsprechend dieser Richtlinien entwerfen könnte.
Über die Verfassungsfeindlichkeit der CDU/CSU
Endlich habe ich einmal Zeit und Lust, sich statt den zwar beliebten, aber meiner Meinung nach nicht allzu interessanten Newskommentaren längeren „Abhandlungen“ über diverse Themen zu widmen. Fangen wir heute an mit der Frage: Ist die CDU/CSU verfassungsfeindlich?
Zunächst einmal: Die Verfasungswidrigkeit einer Partei muss vom Bundesverfassungsgericht beschlossen werden. Sowohl im ersten als auch im zweiten Senat befinden sich je vier Richter, die von der CDU/CSU nominiert wurden (von insgesamt je acht) – für einen Beschluss ist allerdings eine Zweidrittelmehrheit nötig. Außerdem muss ein Verbotsverfahren ein Antrag gestellt werden, und das dürfen nur Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Weiterhin werden an ein Verbotsverfahren strenge Maßstäbe angelegt, um einen Missbrauch zu vermeiden, denn über den Erfolg von Parteien soll das Volk per Wahl und nicht ein Gericht per Urteil entscheiden. Es ist also klar, dass es wohl in absehbarer Zeit nicht zu einem Verbotsverfahren kommen wird (auch wenn die CDU/CSU es zumindest als Erinnerung, sich an die Verfassung zu halten, dringend nötig hätte). Ob die Möglichkeit, überhaupt Parteiverbote auszusprechen, sinnvoll ist, weiß ich auch nicht und möchte es hier nicht erläutern. Wenn Verbotsverfahren aber stattfinden sollen, dann müssen sie unvoreingenommen gehandhabt werden, d. h. unabhängig davon, ob eine Partei 2% oder 40% Stimmen hat.
Im Folgenden möchte ich nun erläutern, warum ich die CDU/CSU für verfassungswidrig halte.
Eine Partei ist laut Grundgesetz (Art. 21 Abs. 2) verfassungswidrig, wenn sie nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Somit kann man wohl davon ausgehen, dass Äußerungen der Politiker in der Partei völlig der Partei zuzurechnen sind. Manchmal geben Politiker (wie Merkel) aber offiziell im Namen der Partei bekannt, dass z. B. Jungs Ankündigung, dass ihm die Verfassung egal ist, inakzeptabel ist. (Jung kündigte an, entführte Flugzeuge notfalls abschießen zu lassen (und Beckstein fand es natürlich toll), obwohl das Bundesverfassungsgericht genau das schon lange vorher für unzulässig erklärt hatte.) Dennoch bin ich der Meinung, dass sich die Partei diese Äußerungen zurechnen lassen muss. Auf eine derart klare und auch noch mehrfach geäußerte Ankündigung, die Verfassung bei Bedarf zu brechen, müsste ein sofortiger Ausschluss aus der Partei folgen – ansonsten zeigt die Partei, dass sie solche verfassungsfeindlichen Äußerungen aus den eigenen Reihen toleriert.
Auch in anderen, nicht so offensichtlichen Fällen kommt es zu extrem verfassungsfeindlichen Äußerungen, so z. B. die indirekte Forderung, die Trennung von Staat und Kirche aufzuheben – der CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla forderte 2007 die Anbringung von Kruzifixen in allen öffentlichen Gebäuden, obwohl das Bundesverfassungsgericht sowas bereits 1995 verboten hatte.
Die diversen Forderungen von Schäuble werde ich hier aus Zeitgründen nicht alle aufzählen und die Quellen dafür zusammensuchen. Als Spitze des Eisbergs sei die präventive Tötung von Verdächtigen (soviel zur Unschuldsvermutung), die Forderungen nach einem Bundeswehreinsatz im Inneren, und die diversen Überwachungsmaßnahmen, zu denen es auch schon passende Urteile des Bundesverfassungsgerichts gibt.
In vielen dieser Fälle gab es noch nicht mal eine klare Distanzierung, geschweige denn einen Ausschluss des Verantwortlichen. Im Gegenteil: Viele der Ideen bekamen offizielle Zustimmung, und einige gehören wohl zu den offiziellen Zielen der CDU/CSU.
Dr. Peter Ramsauer (Vorsitzender der CSU-Landesgruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und damit Erster Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion) beschwert (Quelle) sich darüber, dass jedes zweite Ding, was die CDU/CSU macht, jetzt verfassungswidrig sein soll. (Er stört sich daran, dass der Bundespräsident/das Bundesverfassungsgericht von den „tollen“ Ideen nicht sehr angetan sind.) Ja, ich finde es auch skandalös, dass jedes zweite Gesetz einer Partei verfassungswidrig ist. Und noch schlimmer finde ich es, dass sich Ramsauer darüber aufregt, dass andere den Müll für verfassungswidrig erklären, statt die auf seiner Seite liegende Ursache (die pausenlose Produktion verfassungswidriger Gesetze) endlich abzustellen.
Und da das wohl nicht geplant ist, halte ich die CDU/CSU für offen verfassungsfeindlich.
Hm, da fällt mir noch ein: Warum bloß mag Schäuble keine Verbotsverfahren? Angst?
Links ab sofort im gleichen Fenster
Ab sofort bemühe ich mich, Links, unabhängig davon, ob sie auf andere Seiten in meinem Blog oder auf externe Seiten verweisen, nicht mehr mit einem target-Attribut zu versehen. Das heißt, dass die verlinkten Seiten sich standardmäßig jetzt (bei Links in neuen Beiträgen) im gleichen Fenster öffnen.
Der Grund ist einfach: Alle modernen Browser, sogar der IE ab Version 7 (den ich dennoch nicht empfehle!), unterstützen das optionale Öffnen von Links in „Tabs“, indem man den Link mit der mittleren Maustaste (also meist dem Scrollrad) anklickt. Wenn das Target-Attribut nicht gesetzt ist, kann der Nutzer bequem entscheiden, wie der Link geöffnet werden soll (Linksklick = im gleichen Fenster/Tag, Mittelklick = in einem neuen Tab, und über einen Rechtsklick kann man den Link in einem neuen Fenster öffnen). Wenn das target-Attribut gesetzt ist, ist es teilweise nicht möglich, den Link im gleichen Fenster zu öffnen. Das Target-Attribut ist eine Veränderung des Standardverhaltens, welches oft vom Benutzer nach seinen Wünschen festgelegt wurde. Damit wird etwas anders gemacht, als der Benutzer es will, und das ist schlecht, und deswegen mache ich es in Zukunft nicht mehr. Alte Links bleiben, es ist einfach viel zu viel Arbeit das zu ändern. Ich hoffe, ich mache es nicht mehr allzu oft versehentlich aus Gewohnheit bei den neuen Links.
Wer ein von den Standardeinstellungen abweichendes Verhalten des Browsers wünscht, kann es sich – jeder genau so wie er will – selbst einstellen. Wie es im Internet Explorer geht, weiß ich nicht. Im Firefox empfehle ich die Installation von TabMix Plus, einer Erweiterung, die das Tabbed-Browsing-Verhalten von Firefox sehr gut anpassen kann. Dort kann unter anderem auch eingestellt werden, dass Links zu anderen Domains immer in neuen Tabs geöffnet werden sollen.
Free Burma!
Eigentlich wollte ich bei dieser Aktion nicht mitmachen, da ich davon ausgegangen bin, dass bis heute alle Demonstranten erschossen oder verhaftet sein werden und die ganze Freiheitsbewegung zerschlagen sein wird – kurz, dass wieder „Normalität“ (=“funktionierende“ Diktatur) eingetreten sein wird, ohne Hoffnung auf Verbesserung. Dem ist nicht so. Daher schließe ich mich der Aktion „Free Burma“ an:
Drogerie „Big Brother“
Ich war gerade in einer dm-Drogerie (an der U-Bahnstation „Bornheim Mitte“ in Frankfurt, falls es jemanden interessiert), eine Kerze (Grablicht) für die Mahnwache heute abend kaufen. Während ich in der Schlange stand, habe ich es mir dann überlegt, die Kerze wieder zurückgestellt und bin gegangen. Grund: An der Decke, den hängenden Leuchten und den Wänden (!) habe ich zahlreiche Dome-Überwachungskameras (vermutlich nicht alle echt) gesehen, die teilweise in einem Zickzack-Muster mit je unter 2 Meter Abstand über einem Gang angeordnet waren. Bei 20 Stück habe ich aufgehört zu zählen, es waren mehr. Und das in einer Filiale von ca. 15×30 Metern. Nein, ich werde nicht die Ausrüstung für eine Mahnwache gegen Überwachung in einem Laden kaufen, der seine Kunden so überwacht oder ihnen zumindest das Gefühl vermitteln will, das zu tun.
Richtig kommunizieren am Arsch der Welt
Immer mehr Mails mit Reiseberichten von ehemaligen Mitschülern, die in die weite Welt gereist sind, trudeln ein. Und da ich der Meinung bin, dass jeder seinen Mitmenschen helfen sollte, wie er kann, versuche ich, meinen Beitrag zu leisten. Wie bekannt ist, liegt meine Stärke im IT-Bereich, und daher bezieht sich meine Hilfe auch darauf. Dieser Eintrag ist primär für diese erwähnten Mitschüler gedacht, aber vielleicht hilft er auch anderen, deswegen schreibe ich ihn hier öffentlich hin.
Zunächst einmal möchten viele darüber berichten, wie es ihnen geht, was sie erlebt haben etc. – das geht entweder per e-Mail (siehe Richtig Mailen), Mailingliste (dazu muss jemand einen Server einrichten – was aber kein Problem sein sollte) oder Blog. Ein Blog ist meist öffentlich, aber auch sehr bequem. Es ist genauso einfach wie Mails schreiben (wenn nicht einfacher), und bei den zahlreichen Blog-Anbietern ist ein kostenloses Blog schnell erstellt. WordPress.com kann ich empfehlen (dort liegt auch dieses Blog, Nachteile sind, dass man das Design nicht völlig frei anpassen kann, man keine Werbung auf dem Blog platzieren kann und soweit ich weiß die Option „Blog nur für bestimmte Personen“ nur bis zu einer bestimmten Anzahl kostenlos ist), andere Anbieter (wie blogger.com) habe ich nicht ausprobiert. Blogs können auch kennwortgeschützt werden. Sie eignen sich aber primär zum völlig öffentlichen Berichten, und haben den Vorteil, dass sie sehr übersichtliche Archivfunktionen und die von Kennern geschätzten RSS-Feeds haben, die einen genauso zuverlässig, aber deutlich übersichtlicher und bequemer über neue Einträge informieren.
Gute Reiseführer (die meist auch etwas über Kommunikationsmöglichkeiten schreiben) bietet meist Wikitravel, manchmal lohnt es sich, verschiedensprachige Versionen zu lesen, da einige Informationen nur in manchen Sprachen vorliegen, und meist gibt es Reiseführer für große Städte, für Gegenden und für ganze Länder. Alles passende könnte man mal lesen, wenn man Zeit hat.
Notruf von Handies ist meist die Nummer 112 – funktioniert auch ohne SIM-Karte.
Telefonieren über das Internet ist eine sehr günstige Möglichkeit, von Deutschland aus angerufen zu werden und nach Deutschland zu telefonieren. Vorraussetzung ist Breitband-Internetzugang (alles was schneller als ISDN ist sollte reichen, mit einer guten Konfiguration könnte sogar ISDN gehen), vorzugsweise mit einer Flatrate. Bei Volumentarifen ist zu beachten, dass pro Minute etwa 1 MB an Daten anfällt. Auf einem an diesen Internetzugang angeschlossenen Computer muss eine Software installiert werden, es wird ein funktionierendes Headset benötigt.
Dann kann man sich z. B. bei Sipgate einen kostenlosen „Telefonanschluss“ holen. Einfach auf den Link klicken, deutsche Ortsnetzvorwahl (des Netzes, wo die deutsche Meldeadresse liegt, also zuhause) eingeben (z. b. 069 für Frankfurt). „Sipgate basic“ auswählen (kostenlos). Wenn man will, kann man jetzt für ca. 9 EUR im Monat eine Flatrate bestellen, mit der dann Telefonate ins deutsche Festnetz (und noch in die Festnetze einiger anderer Länder) abgedeckt sind, würde ich aber nicht machen (kann man nachholen, wenn alles funktioniert). Nach der Wahl der Telefonnummer (darauf achten, dass es auch eine Ortsnetznummer und keine 0180x-Nummer ist) muss man dann die Adresse bestätigen. Entweder kostenlos und sofort über eine Schufa-Überprüfung (sofern man noch unter der Heimatadresse gemeldet ist), oder über Fax/Post (Post könnte auf PostIdent hinauslaufen, also besser Fax, das können dann wahrschenlich einfach Angehörige zurückschicken). Ohne Guthaben (Sipgate hat ein Prepaid-Modell) kann man zunächst nur angerufen werden (es sei denn, man hat die Flat, außerdem sind Gespräche von Sipgate zu Sipgate kostenlos und daher immer möglich).
Aber: man erhält eine deutsche Festnetznummer, unter der man weltweit erreichbar ist, und der Anrufer zahlt nur einen Anruf nach Deutschland (also gar nichts, wenn er eine entsprechende Flatrate hat). Dazu muss man die Sipgate-Software herunterladen und installieren, diese ist bereits vorkonfiguriert, auch das Kennwort ist fest in der Installationsdatei eingebaut, sodass fast nichts eingestellt werden muss. Personal Firewalls (Firewallprogramme) müssen natürlich richtig eingestellt werden, Router sollten kein Problem sein (wenn doch, kann ich helfen).
Solange die Software läuft, sollte man dann unter der deutschen Festnetznummer erreichbar sein, und man zahlt nur die Internetverbindung (dafür gibt es Flatrates) und der Anrufer zahlt eine innerdeutsche Verbindung. Wenn irgendwas schiefgeht, kann es auch sein, dass Sprache nur in eine Richtung übertragen werden kann, das liegt meist an Routern/Firewalls (wenn das Headset richtig eingestellt ist und funktioniert).
Geschickte Argumentationen
Mir ist gerade eine sehr geschickte, ziemlich unfaire Argumentationsweise aufgefallen. Es geht darum, dass Unternehmen in Berlin dazu gezwungen werden sollen, Wasser von der Stadt zu kaufen statt es selbst zu fördern (das ist für das Verständnis der Sache wichtig, aber nebensächlich, es geht um die Art, wie argumentiert wird). Es geht um diesen Artikel im Tagesspiegel. Zitat:
Das Verbot der Eigenförderung von Wasser gefährde besonders bei metallverarbeitenden Betrieben und der Lebensmittelindustrie die Wettbewerbsfähigkeit und damit letztlich auch Arbeitsplätze, sagte Eder. Für alle auf das Produktionsmittel Wasser angewiesenen Unternehmen sei der Anschluss- und Benutzungszwang Gift. Zudem verwies der IHK-Hauptgeschäftsführer darauf, dass ein Anschluss- und Benutzungszwang seiner Ansicht nach Wettbewerb verhindert.
Mit der Wahlmöglichkeit zwischen öffentlicher oder eigener Wasserversorgung hätten die Unternehmen bisher die Chance, in Berlin auch wasserintensive Produktionsstätten anzusiedeln. „Die IHK befürchtet, dass solche Betriebe mittelfristig schließen oder ganze Produktionszweige eingestellt werden“, erklärte Eder.
Natürlich spart die Eigenförderung Kosten (welchen Einfluss sie auf das Grundwasser hat, ist aber natürlich wieder fraglich) – und es scheint zunächst nachvollziehbar, dass mehr Kosten weniger Arbeitsplätze bedeuten (können) – wieder einmal das beliebte Spiel „entweder ihr sorgt auf Kosten der öffentlichen Kassen dafür, dass wir geringere Kosten haben, oder wir hauen ab und ihr habt mehr Arbeitslose“. So weit, so schlecht, eben die üblichen Erpressungsversuche, denen meiner Meinung nach aus Prinzip nie nachgegeben werden sollte – oft ist der einzige „Schaden“, der durch Einschränkungen entsteht, dass nur ein hoher statt einem abartig hohem Profit erwirtschaftet werden kann, insbesondere meist wenn bestimmte Arten von Lobbyisten solche Forderungen von sich geben.
Weiter geht es aber mit einem entscheidenden Fehler:
Ohnehin würden von den in Berlin verbrauchten rund 200 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr nur gut ein Prozent von Unternehmen selbst gefördert.
Das Argument „ist ja nicht so schlimm, also könnt ihr auch zu unserem Gunsten entscheiden“ ist alt, oft und sehr nervig. Und es gibt ein sehr schönes Gegenargument: „Ok, wenn es so egal ist, dann kann es euch doch egal sein“. Außerdem werden auch die ganzen Behauptungen oben relativiert: So viele Unternehmen/Arbeitsplätze werden dann wohl doch nicht betroffen sein. Entweder hier wird mit falschen/geschönten Zahlen argumentiert, oder die obigen Aussagen sind dreiste Lügen. Immer schön, wenn man die Zahlen, mit denen ein Gegner argumentiert, gegen ihn verwenden kann – die kann er nämlich (selbst wenn sie es sind) nicht so leicht für Unsinn erklären.
Das Sahnehäubchen kommt aber noch:
Die Schließung wasserintensiver Betriebe führe auch zwangsläufig zu einer Verteuerung des Trinkwassers in Berlin, ergänzte Eder. Das liege daran, dass ein rückläufiger Wasserverbrauch die ohnehin schon sehr hohen Betriebskosten der Wasserbetriebe weiter steigen lasse.
Ein Argument, was ohne näheres Nachdenken vielleicht akzeptiert wird und so die Position der Industrie stärkt – obwohl es ziemlich offensichtlicher Unsinn ist, wenn man darüber nachdenkt: Eine solche Regelung betrifft nur Betriebe, die Wasser selbst fördern. Wenn die deswegen zumachen, werden sie also weniger Wasser selbst fördern, aber nicht weniger Wasser von den Wasserversorgern kaufen, da sie ja eh selbst fördern. Auf die Wasserpreise hat es also keinen negativen Einfluss, im Gegenteil: Einige der Unternehmen werden „in den sauren Apfel beißen“ (siehe oben) und somit wird der Wasserverbrauch aus den Netzen der Versorger sogar steigen. Wasserintensive Betriebe, die ihr Wasser von den städtischen Wasserbetrieben beziehen, stört die Regelung eh nicht (sie kaufen ihr Wasser ja, statt es zu fördern), im Gegenteil, wenn ein höherer Verbrauch die Betriebskosten senkt und somit auch den Wasserpreis, profitieren sie sogar.
Wenn man die zunächst überzeugend klingende Argumentation konsequent weiterdenkt, sieht man schnell, dass – sofern nicht massiv Lügen eingebaut sind, was ich vermute – der Großteil der Betriebe von einer solchen Regelung eher profitieren würde und somit die IHK gegen die Betriebe argumentieren würde. Unwahrscheinlich? Ja – und daran sieht man, dass die Argumentation nur mit Scheinargumenten erfolgt (allerdings leider sehr geschickt).
Eine solche Praxis ist wohl leider nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Hier ist sie mir aufgefallen und kam mit besonders geschickt vor. Es ist jedoch wohl nur ein Teil der Spitze eines riesigen Eisbergs.