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Kopierschutz stinkt (SecuROM bei Overlord)

2008-06-29 3 Kommentare

Ich habe mir gestern die Demo von einem Computerspiel namens Overlord heruntergeladen, welches von Codemasters herausgegeben wird. Selbst diese Demo ist jedoch mit einem Kopierschutz namens SecuROM versehen. (Nachdem StarForce so weit verschärft wurde und einen derart schlechten Ruf bekam, dass die Käufer mit StarForce geschützte Produkte boykottierten, sind die Hersteller wohl auf SecuROM umgeschwenkt. Der Hersteller SecuROM aber offenbar StarForce immer ähnlicher gemacht.) Dieser Kopierschutz verweigerte bei mir den Start – „Ein benötigtes Sicherheitsmodul kann nicht aktiviert werden.

Es war also wieder einmal allein ein Kopierschutz daran Schuld, dass ein legal erworbenes Spiel (wer es überlesen hat: Es war eine frei verfügbare Demoversion!) Probleme macht. Ein Link in der ansonsten nichtssagenden Fehlermeldung („Dieses Programm kann nicht gestartet werden (5024)“) klärt auf:

SecuROM™ has determined that a Process Explorer program is running in the background.

Das ganze gibt es noch in der Variante „some File Monitor program“ und noch vielen vielen anderen. Interessant daran war, dass ich die entsprechenden Programme längst beendet hatte. (Wie ich später erfuhr, bleiben dabei wohl Treiber im Speicher zurück.) Erst nach einem kompletten Systemneustart lief das Spiel dann endlich.

Die Fehlermeldungsseiten sind durchnummeriert, und so kann man sich auch andere Fehlermeldungen anschauen. Besonders interessant ist zum Beispiel Nummer 7001, „an emulation tool has modified your PC settings“. Wenn ich einen Emulator installiere, dann darf der Sachen verändern, im Gegensatz zu irgendeinem Kopierschutztreiber, den ich nicht haben will und dessen Installation ich nicht zugestimmt habe. Als „Lösung“ wird vorgeschlagen, manuell in der Registry bestimmte Einträge zu löschen, „um das Problem mit dem Start des Spieles zu lösen“, wobei betont wird, dass die modifizierten Einträge nicht durch SecuROM verursacht wurden, und man keine Verantwortung für Schäden übernimmt, die durch befolgen der Anleitung entstehen. Das „Problem mit dem Start des Spieles“ ist natürlich auf den Kopierschutz zurückzuführen, und zwar ausschließlich, weil die geänderten Einstellungen das Spiel sicherlich nicht beeinträchtigen.

Anonsten darf man sich zwecks Fehlerbehebung gerne an den SecuROM Support wenden. Dazu lässt man das Programm eine Analyse erstellen, welche man dann an SecuROM schicken soll. Die Analysedatei soll keinerlei persönliche Daten enthalten. Nachprüfbar ist es leider nicht, da die Datei irgendwie kodiert ist, aber in der üppigen Größe von 256 KB (ein viertel Megabyte!) könnte man problemlos alle interessanten Infos unterbringen. Und was zu persönlichen Daten zählt, ist Einstellungssache. Unter Umständen verraten ja auch Prozessnamen schon einiges, und zumindest die E-Mail-Adresse hat SecuROM ja auch (durch die Anfrage).

Diese Probleme sind umso ärgerlicher, wenn einem bewusst wird, dass sie nur durch den zusätzlichen, unnötigen Kopierschutz entstehen. Ohne Kopierschutz würde das Spiel problemlos laufen. Das dürfte auch auf die sicherlich schon existierenden geknackten Versionen zutreffen, wieder einmal sind ehrliche Käufer die Verarschten.

Mein Rechner wird normalerweise nur alle ein bis zwei Wochen wirklich neu gestartet (wofür gibt es den „Ruhezustand“ aka Suspend to Disk), und Tools wie Filemon und ProcExp nutze ich fast jeden Tag, zum Beispiel um von irgendwelchen Prozessen benutzte Dateien zu entsperren oder festzustellen, welches Programm gerade intensiv meine Festplatte zumüllt (und ihm dann ausschließlich die eine Datei wegzunehmen). Wie sich einige vielleicht schon denken können, kenne ich nun ein Spiel, welches ich mir sicherlich nicht kaufen werde, auch wenn es sonst ganz nett aussieht.

Ich bezweifle, dass auf der Packung des Spieles steht, dass das Spiel nur benutzt werden kann, wenn man Emulatoren deinstalliert, seinen Rechner genau nach Vorgaben des Herstellers einrichtet und auf sämtliche Debuggingtools verzichtet. Ich bezweifle also, dass Käufer so einer Einschränkung wirksam zustimmen. So wie ich das sehe, dürfte es sich um einen Sachmangel handeln, der eine Rückgabe des Spiels (auch nach Öffnen der Verpackung!) erlauben würde (aber ich bin kein Anwalt).

Da ich schon befürchtet habe, dass ein Kopierschutztreiber mitinstalliert werden könnte, las ich die EULAs besonders aufmerksam. Unabhängig davon, ob diese überhaupt nach deutschem Recht wirksam sind (bei Demoversionen könnte das im Gegensatz zu Verkaufsversionen der Fall sein), bezweifel ich stark die Zulässigkeit von Klauseln wie dieser:

Angesichts des dauerhaften Schadens, der Codemasters bei unzulänglicher Durchsetzung der Bedingungen dieser Vereinbarung entstünde, stimmen Sie der Berechtigung von Codemasters zu, auch ohne Kaution, sonstige Sicherheiten oder Nachweis erlittenen Schadens Wiedergutmachung in Bezug auf Verletzungen der Vereinbarung zu fordern, die über die Mittel hinausgehen können, die Codemasters unter der anwendbaren Rechtsprechung zustehen.

Wenn ich es richtig verstehe, räumt sich Codemasters das Recht ein, bei Verstößen gegen den „Vertrag“ völlig beliebige „Schadensersatzansprüche“ geltend zu machen, und zwar unabhängig davon, was denen überhaupt zusteht. Naja, in Großbritannien, wo der Gerichtsstand sein soll, ist ja so einiges möglich. Ob aber so eine Gerichtsstandsvereinbarung gegenüber Privatpersonen zulässig ist, wage ich anzuzweifeln. Zur Installation eines Kopierschutzes fand ich jedoch nichts, habe also nicht zugestimmt.

Ich habe keine Ahnung, ob und was für Treiber ohne meine Zustimmung auf meinem System installiert wurden und wie ich sie wieder wegbekomme. Laut dem nach Spielende gestarteten Process Explorer lief die eigentlich beendete Overlord.exe immer noch, und kurz danach hat sich mein halbes Windows aufgehängt, nachdem beim Zugriff auf meine mit ext2 formatierte und per Spezialtreiber eingebundene externe Platte wohl was schiefgegangen ist. Kann natürlich reiner Zufall sein (erlebt hatte ich sowas bisher nicht), könnte aber auch mit dem gerade frisch installierten Kopierschutz zusammenhängen. Und während ich den Ext2-Treiber manuell installiert habe und er sich auf meinem Rechner aufhalten darf, trifft das auf SecuROM-Treiber nicht zu. Wenn es also eine Inkompatibilität gibt, liegt die volle Schuld dafür bei SecuROM und SecuROM allein. Der Ext2-Treiber war vor SecuROM da.

UPDATE: Ein Leser hat in einem Kommentar darauf hingewiesen, dass der Kopierschutz auch noch eine Shell Extension installiert, die in bestimmten Fällen den Explorer zum Absturz bringt. Vermutlich dient die dazu, bei kopiergeschützten Spielen zusätliche Einträge im Kontextmenü anzuzeigen. Da ich darauf nicht besonders Wert lege (im Gegensatz zu einem sauberen, schnellen und stabilen System), habe ich die Dateien (Plural, es gab nämlich noch eine zweite Version, „CmdLineExt03.dll“) entfernt, und um eine Neuinstallation zu erschweren einen gleichnamigen Ordner angelegt (und noch ein wenig die Registry aufgeräumt). Mal schauen ob es hilft. Interessant ist, wie sich selbst dieses eigentlich nicht sicherheitskritische Modul mit einem unauffälligen Namen getarnt wird, statt offen und ehrlich „SecuROMContextMenu.dll“ oder so zu nehmen.