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Schießsport erlauben, aber Spiele verbieten?
Über Fefe bin ich darauf aufmerksam geworden, dass Wolfgang Bosbach (CDU) nach dem Amoklauf in Lörrach darauf hingewiesen hat, dass man wegen eines solchen Vorfalls nicht gleich das Sportschießen verbieten könne. Da stimme ich ihm übrigens zu. Interessant wird das erst, wenn man sich vor Augen führt, dass er ein Verfechter von Computerspielverboten ist.
Diesen Widerspruch kann ich irgendwie nicht verstehen – denn wegen einzelner solcher Vorfälle etwas verbieten zu wollen, was allerhöchstens sehr indirekt damit zu tun hat, scheint mir recht unlogisch. Eigentlich wollte ich Herrn Bosbach daher über Abgeordnetenwatch fragen, aber darüber will er nicht gefragt werden:
Da ich seit vielen, vielen Jahren völlig problemlos per Brief, per Fax oder per E-Mail erreichbar bin, darf ich Sie sehr herzlich darum bitten, etwaige Fragen an mich auch unmittelbar zu adressieren, ein Umweg über Abgeordnetenwatch.de ist wirklich nicht notwendig. Sodann werde ich Ihnen gern antworten. Selbstverständlich können Sie meine Antwort auch gern veröffentlichen.
Das ist natürlich schade, denn so kann man seine Antworten auf die Fragen anderer Leute nicht lesen, aber natürlich sein gutes Recht.
Daher habe ich folgenden Text eben direkt per Mail an ihn geschickt, und werde die Antwort dann hier veröffentlichen, sobald sie eintrifft (Links waren in der Mail als Fußnoten):
Sehr geehrter Herr Bosbach,
im Rahmen der Diskussion um eine Verschärfung des Waffenrechts, welche durch die Amoktat in Lörrach entfacht wurde, haben Sie laut Zeit gesagt:
„Wegen einer solchen Tat kann man nicht Millionen von Sportlern die Ausübung ihres Sports verbieten.“In diesem Punkt stimme ich Ihnen völlig zu. Umso mehr überrascht war ich jedoch, als ich darauf hingewiesen wurde, dass Sie sich nach dem Amoklauf in Emsdetten in einem SPIEGEL-Interview vom 23.11.2006 dafür ausgesprochen haben, gewalthaltige Computerspiele zu verbieten.
Hat sich Ihre Meinung diesbezüglich seitdem geändert?
Falls nein, warum halten Sie es für richtig, Millionen von Spielern die Ausübung ihres Freizeitvergnügens zu verbieten, obwohl Sie dies bei Sportschützen (völlig zu Recht) ablehnen?
Computerspiele eignen sich (im Gegensatz zum Sportschießen) keineswegs dazu, den Umgang mit einer Waffe zu erlernen, und sie geben dem Spieler auch keine Möglichkeit, an echte Waffen zu gelangen. Selbst wenn die Spiele – was umstritten ist – bei manchen Personen bereits vorhandene Neigungen zur Gewalt verstärken würden, scheint mir dies eine deutlich geringere Gefahr zu sein als die, die Sie beim Sportschießen bereit sind, in Kauf zu nehmen. Ein Verbot aus rein subjektiven moralischen Gesichtspunkten wäre meiner Meinung nach einer freiheitlichen Gesellschaft unwürdig und schwer nachvollziehbar – bei Sportarten wie Boxen werden ja auch keine Verbote gefordert.
Mit freundlichen Grüßen
Jan SchejbalP.S.: Ich finde es schade, dass Sie keine Fragen über Abgeordnetenwatch entgegennehmen möchten. Das Portal erlaubt es anderen Besuchern schließlich, auch fremde Fragen und die Antworten darauf an einem Ort einzusehen und leicht zu finden.
Auf die Antwort bin ich jedenfalls gespannt.
Sicherheitslücke für alle
In bzip2 gibt es eine Sicherheitslücke. Das ist deswegen so schlimm, weil das ein wichtiges Kompressionsverfahren ist und somit von sehr vielen Formaten und Programmen genutzt wird. Ich schätze daher, dass so gut wie jeder Computernutzer mindestens ein Programm nutzt, was von dieser Lücke betroffen ist.
Unter Linux ist das keine große Sache – jede Library (also Sammlung von Programmfunktionen, die von anderen Programmen benötigen werden, z. B. auch die betroffene bz2-Library) wird einmal zentral installiert und alle Programme greifen dann darauf zu. Somit kann man die kaputte Version an einer Stelle austauschen und hat das Problem gelöst. Unter Windows bringt fast jedes Programm seine eigenen Kopien der benötigten Libraries mit, man darf also jedes betroffene Programm einzeln aktualisieren – sobald der Hersteller ne aktuelle Version bereitgestellt hat. Und es werden viele Programme betroffen sein.
Um sich ein Bild zu verschaffen, habe mittels apt-rdepends -r auf einem Linuxrechner geschaut, was für Programme direkt oder indirekt von bzip2 abhängen, es also irgendwie nutzen. In einigen Fällen wird bz2 vielleicht nur für einen Installer o.ä. verwendet, sodass eine Windowsversion des Programms nicht betroffen ist, oder die Windowsfassung kann bzip2 nicht, oder bzip2 wird sonstwie so eingesetzt, dass die Sicherheitslücke irrelevant ist. Bei den genannten Programmen ist aber das Risiko, dass sie betroffen sind, recht hoch. Zum Gruseln hier ein paar Auszüge aus der Liste mit für Windowsuser relevanten etwas bekannteren Programmen (nochmal: ein Eintrag hier bedeutet, dass das Programm eine gute Chance hat, betroffen zu sein, nicht, dass es das tatsächlich ist!):
- Apache (Webserver)
- AssaultCube (Egoshooter)
- Audacity (Audio-Editor)
- Avidemux (Videoschnitt)
- Azureus (BitTorrent-Client, vermutlich eher nicht betroffen)
- BallView (Molekülvisualisierungssoftware)
- Blender (3D-Editor)
- BOINC (Seti-at-home-Client)
- Chromium (Browser, Chrome-Klon)
- ClamAV (Antivirus)
- Codeblocks (Entwicklungsumgebung)
- Firefox
- Inkscape (Vektorgrafik)
- Diverse PDF-Reader?
(… – ab hier bin ich die Liste nicht systematisch durchgegangen, sondern hab gesucht)
Wie man sieht, ist die Liste lang, und ich werde nicht das ganze Alphabet durchgehen. Grundsätzlich hat man gute Chancen, bzip2 in folgenden Sachen 1. zu finden 2. an einer Stelle zu finden, wo es regelmäßig nicht vertrauenswürdige Daten abbekommt:
- Browser
- P2P-Programme
- Alles was mit Bildern zu tun hat
- Antivirensoftware
- Entpacker (d’oh)
Auch die Liste könnte natürlich fortgesetzt werden. Ich freu mich schon auf die Updaterei.
Eine Suche nach bzip2.dll liefert auch eine schöne Liste…
- MikTex (LaTeX-Umgebung)
- Inkscape (Vektorgrafik, siehe oben)
- Gimp (Bildbearbeitung)
- Mumble (Sprachkommunikation, freie Alternative zu TeamSpeak)
- …
Es wird sicherlich viele Programme geben, bei denen die Datei anders heißt oder die fehlerbehafteten Funktionen statisch gelinkt (=direkt in die EXE eingebaut) oder in einer anderen DLL enthalten sind.