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Archive for Januar 2009

Über die (Un-)Sicherheit von SSL und HTTPS

2009-01-18 9 Kommentare

Normalerweise denkt man, eine Seite mit https:// in der Adresse sei sicher, die Daten seien verschlüsselt und man kommuniziere definitiv mit dem richtigen Gesprächspartner. Das zugrunde liegende Protokoll nennt man SSL bzw. TLS (ich werde hier nur noch von SSL reden, TLS ist der Name der neusten Version), wenn also in SSL ein Fehler gefunden wird, ist davon auch HTTPS betroffen.  Das Protokoll an sich ist größtenteils sicher. Die Angriffe beziehen sich auf meist die dahinterliegenden Strukturen, die teilweise unsicher sind. Ich rede dennoch etwas unkorrekt von Angriffen auf HTTPS bzw. SSL, weil die Angriffe auf die Strukturen im Hintergrund natürlich in der Praxis per HTTPS/SSP gesicherte Verbindungen unsicher machen. Hier möchte ich einen sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene interessanten Überblick geben, was von der Sicherheit zu halten ist, was noch sicher ist  und was unsicher. Ich gehe im Folgenden von Firefox aus, wer noch den Internet Explorer nutzt, ist selber schuld und tut mir leid.

Ich habe auch allgemeine Tipps für Anfänger eingebaut. Je nach Kentnissstand werden einige Abschnitte unverständlich kompliziert und einige andere langweilig sein. Auch Profis können interessante Probleme finden, aber die Seite richtet sich eher an Nutzer, denen SSL ein Begriff ist.

Der Artikel ist doch sehr lang geworden. Daher erstmal nur, was hier behandelt wird:

  • Einleitung
  • Funktionsweise von SSL und HTTPS (sehr grob)
  • (Nicht) mögliche Angriffe
  • Aufbau von Adressen
  • Sicherheitsmerkmale im Browser
  • EV-Zertifikate
  • HTTPS ist kein Gütesiegel
  • Die einzelnen Angriffe
    • 1. Debian OpenSSL weak keys
    • 2. Comodo stellt ungeprüft Zertifikate aus
    • 3. StartSSL stellt schlechte geprüft Zertifikate aus
    • 4. MD5-Kollisionsangriffe
    • 5. OpenSSL-Lücke
    • 6. „optimierte“ Umleitung, wenn zunächst http benutzt wird (sslstrip, IDN-Spoofing)
    • 7. Nullbytes im Hostname des Zertifikats
  • Fazit

Vorab: Sicherheitstipps für Einsteiger in Kürze

  • System sicher halten – In dem Moment, wo der Rechner von einem Angreifer z. B. mit einem Trojaner bearbeitet wurde, kann man die ganzen Sicherheitsmaßnahmen vergessen. Nur wenn der Rechner und die Software vertrauenswürdig sind, kann man sich auf die Ausgaben verlassen. Dafür sollte man:
    • Sichere Software verwenden – Software, die oft Sicherheitslücken hat, meiden. Je stärker die Software fremdem Inhalt ausgesetzt ist, desto sicherer muss sie sein. Ein unsicheres (Offline-)Spiel ist kaum ein Problem. Ein unsicherer Browser umso mehr.  Internet Explorer meiden, z. B. Firefox nutzen.
    • Software aktuell halten – Software hat immer Sicherheitslücken. Mit Updates werden bekannte Lücken geschlossen. Spielt man ein Update nicht ein, obwohl es eine bekannte Lücke gibt, wird diese meist bald ausgenutzt. Auch hier gilt: Vor allem Betriebssystem und Browser sowie die Browser-Plugins (Acrobat Reader, Flash, diverse Mediaplayer) müssen immer topaktuell sein.
    • Virenscanner und Firewalls sind ein zusätzliches Sicherheitsnetz. Updates sind viel wichtiger.
    • Nicht vertrauenswürdige Software nicht starten. Dazu zählen gerne auf dubiosen Seiten angebotene falsche Updates sowie illegale Kopierschutz-Knackprogramme.
  • Wichtige Seiten direkt aufrufen – am Besten per Lesezeichen. Wer seine Bankseite immer per Google sucht, hat ein Problem, wenn ein Phisher es mal nach oben schafft.
  • Beim Aufrufen direkt https:// benutzen – sonst kann ein Angreifer problemlos umleiten, siehe unten.
  • Warnungen beachten – wenn der Browser sagt, dass irgendwas mit der Bankseite nicht in Ordnung ist, dürfte es stimmen, auch wenn bei irgendwelchen Hobbyseiten die Warnung oft „grundlos“ kommt.
  • Für Seiten die man nicht direkt aufruft muss man leider https kennen, um sicher zu sein. Das ist für Anfänger nicht einfach.


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Landtagswahl Hessen 2009 – Überblick – Diesmal Piraten?

2009-01-04 12 Kommentare

AUS AKTUELLEM ANLASS:

Bei Suche nach „Wahlergebnis Piraten“ spuckt Google scheinbar gern diese Seite aus. Zu den Wahlergebnissen bei der Europawahl 2009 geht es hier lang, es gibt auch einen Artikel zu den Ergebnissen der Bundestagswahl 2009.



UPDATE: Die Wahl ist vorbei, Ergebnisse siehe z. B. hr-online. Wie nicht anders zu erwarten haben CDU/FDP gewonnen (ohne dass die CDU viel dazugewonnen hätte) und werden wohl eine Koalition eingehen. Die SPD ist wie erwartet abgesackt, profitiert haben neben der FDP die Grünen. Die Linken haben die 5%-Hürde geschafft. Die Piraten haben mit 0,5% zwar ihr letztes Ergebnis deutlich gesteigert, aber dennoch nicht meine Erwartungen erfüllt. Der fehlende Plakatwahlkampf machte sich bemerkbar. Die Freien Wähler haben auch ordentlich zugelegt – sie haben über 1% und bekommen im Gegensatz zu den Piraten somit staatliche Parteienfinanzierung. Die Rechtsradikalen (NPD/REP) sind jeweils unter 1% und bekommen somit nichts. Etwas erschreckend finde ich aber, dass ganze 0,2% der Wähler doch tatsächlich BüSo gewählt haben. Wobei deren aktuelles Werbematerial wohl etwas gemäßigter war als das was ich kenne. Der Rest dieses nun veralteten Artikels bleibt natürlich stehen, falls das noch jemand lesen will.

Ich hatte bereits vor knapp einem Jahr einige Überlegungen zur Landtagswahl in Hessen 2008 aufgestellt. Dies möchte ich nun angesichts der anstehenden Neuwahlen in Hessen wiederholen. Die Situation hat sich inzwischen deutlich geändert – durch den fehlgeschlagenen Versuch, eine Rot-Rot-Grüne Koalition zu bilden (die ich damals als eines der kleinsten Übel ansah). Wieder handelt es sich größtenteils um meine persönlichen Überlegungen zur Landtagswahl 2009 in Hessen, was ich wählen soll, die ich hier zusammengefasst und niedergeschrieben habe.

Diesmal habe ich mir nicht die Mühe gemacht, den Parteien hinterherzutelefonieren wie bei der letzten Landtagswahl, da die Koalitionsoptionen recht übersichtlich aussehen. Nachdem ich die Piratenpartei, die meinen Überzeugungen am ehesten entspricht, letztes mal aus taktischen Gründen nicht gewählt habe, steht diese Überlegung auch unter dem Gesichtspunkt: „Diesmal Piraten?“. Ich bemühe mich, sachlich auf die Koalitionsoptionen einzugehen, äußere aber auch, was ich von ihnen halte. Das hier ist weder ein Propagandatext für irgendeine Partei, noch eine völlig neutrale Betrachtung, auch wenn Teile davon möglichst neutral sind (es sollte beim Lesen schnell deutlich werden, welche das sind).

Ich habe bei der Landtagswahl letztes Jahr entsprechend meiner abgegebenen Empfehlung gewählt und halte meine Entscheidung im Nachhinein für richtig. Hätte die Linkspartei nicht die 5%-Hürde genommen, wäre es wie ich erwartet habe höchstwahrscheinlich zu einer Koalition aus CDU und FDP gekommen. So aber entstand ein instabiles Etwas, welches dennoch in der Lage war eines der zentralen Wahlversprechen der eher linken Parteien vergleichsweise zügig umzusetzen: Die Abschaffung der Studiengebühren. Die Universitäten bekommen die „fehlenden“ Mittel übrigens vom Land ersetzt, stehen also genauso da wie mit Studiengebühren. Und ein Jahr lang konnte die CDU hier nicht wüten und weitere Schäden anrichten.

Nun ist jedoch eine Rot-Rot-Grüne Koalition nicht zustande gekommen. Durch die Diskussion hat die SPD wie erwartet viele Stimmen verloren. Aktuelle Umfragewerte finden sich immer hier. Die möglichen halbwegs realistischen Koalitionen sehen also so aus:

CDU/FDP: Die wahrscheinlichste Variante. Ein komfortabler Vorsprung, unabhängig welche der letzten Umfragen man heranzieht, macht es sehr unwahrscheinlich, dass diese Koalition noch verhindert wird. Die SPD hat zwar vor der letzten Landtagswahl in Hessen innerhalb kürzester Zeit extrem aufgeholt, ein erneuter derartiger Erfolg ist jedoch nach dem Debakel mit der gescheiterten Linkskoalition kaum denkbar. Andere Koalitionen sind unwahrscheinlich, denn warum sollten CDU/FDP sich auf etwas anderes einlassen, wenn diese beiden Parteien genehme Option zur Verfügung steht? Zum Glück hätte diese Koalition vermutlich keine Zweidrittelmehrheit, mit der sie die Hessische Verfassung zerlegen könnte. Problematische Gesetze, die Freiheit und Bürgerrechte beschädigen, befürchte ich leider trotz des „F“ im Kürzel der FDP. Denn nur allzu oft hat die FDP gezeigt, dass andere Themen eine weitaus höhere Priorität haben und ein entgegenkommen bei diesen Themen oft dazu führt, dass die FDP nur allzu bereit ist, „Freiheit“ nicht mehr so eng zu sehen und „Kompromisse“ einzugehen. (Anführungszeichen deshalb, weil die „Kompromisse“ oft so entstehen, dass die CDU viel mehr fordert als eigentlich mit den Bürgerrechten bzw. dem Grundgesetz vereinbar wäre und dann der „Kompromiss“ dazu führt, dass sie nicht viel sondern etwas mehr bekommt, also immer noch zu viel.)

SPD/GRÜNE/FDP: Auch wenn Al-Wazir (Spitzenkandidat der Grünen) der Meinung ist, dass die CDU/FDP-Koalition zwei Wochen vor der Wahl noch kippen könnte, halte ich dies für unwahrscheinlich. Dazu müsste schon der CDU ein massives Fettnäpfchen unter die Füße fallen. Wenn dies passieren würde, wäre eine solche Koalition durchaus denkbar, da die anderen deutlich unwahrscheinlicher sind. Dazu müsste aber erst einmal die FDP bereit sein. Eine solche Koalition wäre recht gut, mit der SPD wäre eine Partei in der Hauptrolle, die nicht unbedingt aktiv Bürgerrechteabbau befürwortet, die Grünen und die FDP würden dann die Politik unter diesem Aspekt sicher in die richtige Richtung lenken können.

CDU/Grüne (bzw. CDU/FDP/Grüne): Auch hier zunächst die Frage, warum die CDU das machen sollte, wo die FDP sicher als Koalitionspartner bereit stehen wird. Selbst wenn: Die Grünen lehnen jede Koalition mit einer Koch-geführten CDU ab, Grüne und CDU haben völlig unterschiedliche Standpunkte zu zahlreichen Kernthemen (unter anderem dem Ausbau des Frankfurter Flughafens), von denen sie kaum abrücken werden, und die Grünen greifen die CDU auf ihrer Website scharf an. Eine solche Koalition ist also unwahrscheinlich. Eine Beteiligung der FDP (falls die CDU so viele Stimmen verlieren würde, dass Koalitionen aus CDU/FDP und CDU/Grünen keine Mehrheit hätten) würde das Trio nicht gerade wahrscheinlicher oder stabiler machen. Den Grünen bzw. Grünen und FDP zusammen würde ich allerdings wenigstens etwas eher zutrauen, die CDU bei Einschränkungen der Freiheit im Wege zu stehen.

Große Koalition (CDU/SPD): Rein theoretisch zwar denkbar, aber extrem unwahrscheinlich. Die Parteien stehen sich in Hessen äußerst feindlich gegenüber, ein Koalitionsversuch dürfte beiden Parteien sehr schaden und von den Wählern nicht gern gesehen werden. Mal abgesehen davon müsste es erst einmal einen Grund geben, warum es nicht zu einer schwarz-gelben (CDU/FDP) Koalition kommen sollte. Wenn es jedoch soweit kommen sollte, hätte diese Koalition wahrscheinlich eine Zweidrittelmehrheit und könnte somit der hessischen Verfassung gefährlich werden. Weitere „Sicherheits“gesetze, die Bürgerrechte einschränken, wären wahrscheinlich. Keine gute Aussicht.

Koalitionen mit Beteiligung der Linkspartei können nahezu ausgeschlossen werden. Erstens wäre es politischer Selbstmord (die SPD hat es vorgemacht…), zweitens gibt es keine mehrheitsfähige denkbare Kombination mit Beteiligung der Linkspartei.

Die Rolle der Linkspartei ist im Vergleich zum letzten Wahlkampf vergleichsweise gering. Wenn die Linkspartei die 5%-Hürde nicht schafft, werden die anderen Parteien proportional ein größeres Gewicht haben. Davon werden also CDU/FDP am meisten profitieren, die Koalition wäre damit endgültig gesichert. Wenn die Linkspartei die 5%-Hürde schafft, wird dies eine Mehrheitsbildung mit knappen Stimmverteilungen erschweren, also auch eher der CDU/FDP nutzen. Die Effekte sind jedoch minimal, da eine rot-grüne Regierung diesmal absolut nicht in Frage kommt.

Fazit:
Die Wahl sieht ziemlich entschieden aus. Wenn kein großes Ereignis/Fettnäpfchen die Situation noch gründlich auf den Kopf stellt, kann man recht fest von einer CDU/FDP-Koalition ohne Verfassungsmehrheit ausgehen. Einzelne Wählerstimmen werden meiner Meinung nach keinen großen Ausschlag mehr geben.

Die einzigen Auswirkungen, die kleinere Mengen an Stimmen bei dieser Wahl verursachen können, sind meiner Meinung nach die auf die Höhe der staatlichen Parteifinanzierung (laut Wikipedia 0,70 bzw. 0,85 EUR pro Zweitstimme) und die Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen.

Bei der Betrachtung der Parteien, die man wählen könnte, werde ich daher vor allem auf die letzten beiden Punkte eingehen. Ob man CDU, FDP, Grüne, SPD oder Linke wählt, dürfte wie gesagt bei dieser Landtagswahl keinen großen Unterschied machen, bis auf die Finanzierung (und auch da ist es nicht wirklich viel). Daher werde ich diese Parteien nicht näher betrachten und mich direkt nur den Alternativen zuwenden. Da die zur Wahl zugelassenen Kleinparteien diesmal nicht so zahlreich, dafür diesmal umso interessanter sind, werde ich sie alle kurz behandeln.

Piratenpartei wählen – trotz des Namens eine ernstgemeinte Partei, gutes Programm, allerdings eine Themenpartei. Die Themen sind immer noch Bürgerrechte und Datenschutz (dies hat einen höheren Stellenwert eingenommen, die beiden anderen Themen sind etwas in den Hintergrund gerückt) sowie ein für beide Seiten faires Urheberrecht (also insbesondere nicht nur Verschärfungen zu Gunsten der Contentlobby) und ein besseres Patentwesen (z. B. keine Genpatente). Bei dieser Betrachtung hat sich im Gegensatz zum Vorjahr am Meisten geändert. Letztes Jahr mussten die Piraten leider auf meine Stimme verzichten, da ich davon ausging, dass sie keine Chance auf 1% der Stimmen und somit staatliche Parteifinanzierung hat, aber vor allem weil ich meine Stimme lieber auf die Abwahl von Koch verwenden wollte, da dort (durch Wahl der Linkspartei) ein knappes Ergebniss entscheidend beeinflusst werden konnte und dadurch eine direkte Änderung möglich war. Dieses Jahr jedoch kommt es auf einzelne Stimmen nicht mehr so stark an. Eine „verschwendete“ Stimme, die keinen direkten Beitrag zur Sitzverteilung bringt, tut also nicht mehr wirklich weh. Unter anderem weil viele Unentschlossene letztes Jahr in die Arme der fünf „größeren“ Parteien getrieben wurden, die sich jetzt „entspannter“ und freier entscheiden können und der vielen Datenskandale denke ich, dass die Piratenpartei eine bessere Chance hat, Stimmen zu sammeln.

Leider habe ich den Eindruck, dass bei den Piraten Wahlkampf in Form von Plakaten kaum passiert, was auf die kurzen Fristen zurückzuführen ist. Dafür haben die kurzen Fristen dazu geführt, dass (im Gegensatz zu den Piraten) viele Kleinparteien die nötigen Unterstützerunterschriften nicht zusammenbekommen haben und somit nicht auf dem Wahlzettel stehen. (Danke an alle, die gesammelt und unterschrieben haben. Für die Bundes- und Europawahl werden noch Unterschriften gebraucht!) Protestwähler, die keine der „großen fünf“, aber auch keine Rechtsradikalen wählen wollen, haben somit eine gute Chance, auf die Piraten zu stoßen. Trotz des schwächeren Wahlkampfs halte ich es daher für möglich, dass die Piraten 1% erreichen. Dies würde nicht nur dazu führen, dass sie die staatliche Parteienfinanzierung erhalten würden (was den nächsten Wahlkampf sowie die themengebundene Öffentlichkeitsarbeit erleichtern und durch letzteres eventuell Einfluss auf die Politik hätte!), sondern vor allem ein klares Zeichen für Bürgerrechte und Datenschutz (und gegen weitere Verschärfungen des Urheberrechts) gesetzt wird, aus dem die regierenden Parteien lernen könnten (und nebenbei etwas von der Parteifinanzierung der größeren Parteien abzwacken). Die Grünen haben auch klein angefangen, und wann, wenn nicht bei dieser eh schon fast entschiedenen Wahl, kann man seine Stimme derart sorglos einer kleinen Partei geben? Meine Entscheidung steht somit vorerst fest: Ich wähle Piraten. Die Entscheidung könnte sich ändern, wenn die obigen Argumente wegfallen (z. B. indem Koch ein fassgroßes Fettnäpfchen zum Reintreten findet). Ansonsten kann ich aber nur dazu auffordern: Wählt Piraten, und überzeugt andere, die diese Partei noch nicht kennen oder aufgrund des Namens für einen Haufen Verrückter oder eine Spaßpartei halten! Setzt ein kleines Zeichen. Wer übrigens denkt, dass eine solche Partei auf Landesebene nichts bringt (Urheberrecht und Patentwesen werden auf Bundes/EU-Ebene geregelt), vergisst, dass Datenschutz und Bürgerrechte (die inzwischen zu den Hauptthemen geworden sind) auf Landesebene in Form von Regelungen zur Kameraüberwachung, LKA-, Polizei- und Versammlungsgesetzen (sowie den Landesdatenschutzgesetzen) aktueller sind als je zuvor.

Für diejenigen, die zwar ein Zeichen setzen wollen, aber aus welchem Grund auch immer die Piraten nicht wählen wollen, würden sich noch die Freien Wähler anbieten. Leider bin ich über sie zu schlecht informiert, um da eine Entscheidung (Empfehlung/Ablehnung) treffen zu können. Sie scheinen aber zumindest eine ernstzunehmende und nicht offensichtich Ablehnngswürdige Wählergruppe zu sein. Genaue Themen habe ich jedoch leider nicht gefunden, die CDU besonders attraktiv scheinen sie jedoch nicht zu finden (ebenso wie die Linkspartei).

Daheim bleiben und nicht wählen zeugt immer noch eher davon, dass vielen Menschen die Politik egal ist und sie alles mit sich machen lassen, als zu zeigen, dass man keine der Wahlmöglichkeiten gut findet. Den Parteien ist es egal, es schadet der Wahlkampfkostenerstattung nicht (siehe Kommentare). Extreme Parteien und Kleinparteien profitieren von geringer Wahlbeteiligung, da sie meist ihre Wähler gut mobilisieren können. Nicht empfehlenswert.

Ungültig wählen ist ein klares Zeichen, dass man Demokratie als solche befürwortet, die Wahlmöglichkeiten aber alle ablehnt und soll die Parteien um einen Teil der Parteifinanzierung bringen, da angeblich durch ungültige Stimmen weniger Wahlkampfkostenerstattung ausgezahlt wird. hat aber keinen Einfluss auf die Parteifinanzierung. Besser als gar nicht wählen, aber wirklich ein Zeichen setzen tut man damit auch nicht. Ungültige Stimmen werden getrennt gezählt, aber genauso wie nicht abgegebene behandelt. Mehr dazu hier und unten bei den Kommentaren. Ach ja – spart euch Aufsätze auf dem Wahlzettel. Die Wahlhelfer, die am Ende gerne mal über 500 Stimmen zählen müssen, haben in der Regel weder Zeit noch Lust (nach langem Auszählen), sich sowas auch noch durchzulesen, auch wenn es öfters mal interessant sein könnte.

Rechtsradikal (NPD/REP) wählen – ganz schlechte Wahl, vor allem, wenn man die Parteien eigentlich nicht möchte, sondern nur aus Protest wählt. Jede Stimme bringt diesen Parteien Geld ein, mit dem sie weitere ausländerfeindliche Hetzkampangen veranstalten können. Und wenn sie ein Zeichen setzt, dann ein falsches.

Und zum Schluss: BüSo. Ich hab ja versprochen alle Kleinparteien die bei der Landtagswahl Hessen 2009 antreten zu nennen. Nun gut, dann wollen wir halt mal, gibt ja nur noch die hier. Die BüSo ist sehr schwer einzustufen. Ich würde sie mal als eine Mischung aus mehreren radikalen Gruppierungen definieren (links, rechts, Verschwörungstheoretiker, Öko-Extremisten, Liste fortsetzbar…) und scheine mit dieser Einschätzung nicht alleine zu sein. Es sei nur gesagt, dass sie an einem Tisch in der Darmstädter Unimensa, an dem Informatiker saßen, Laptops dabeihatten und sich über Informatik unterhielten, unbedingt ihre Werbung verteilen mussten. Titel: „Der Teufel steckt im Laptop“. Eine kleine Zeitung, die das Internet verteufelt, Killerspiele als die Wurzel allen Übels und vergleichbar mit den „bösen“ 68-ern, Drogen und wasweiß ich darstellt und sich selbst als vergleichbar mit den Flugblättern der Weißen Rose sieht. Wem das nicht reicht, möge sich deren Websites ansehen, verlinken werde ich die nicht.

Auch dieses Jahr gilt: Obige Überlegungen gelten hauptsächlich für die Zweitstimmen. Bei der Erststimme ist zu bedenken, dass es “alles oder nichts” heißt, d. h. es kommt nur der Kandidat mit den meisten Stimmen rein. Daher kann es sich lohnen, den Kandidaten der großen Partei zu wählen, zu dem man die geringste Abneigung verspürt – auch wenn man eigentlich die großen Parteien nicht unterstützen will. Es ist natürlich auch möglich, nur eine Zweitstimme abzugeben und die Erststimme wegzulassen. Nur herummalen etc. sollte man auf dem Stimmzettel nicht, wenn man nicht riskieren will, dass der gesamte Stimmzettel ungültig wird.

Ach ja, zum Thema Wahlcomputer: Diesmal nicht. Diesmal wählt Hessen ordentlich auf Papier.

Zum Thema Wahlgeheimnis und Veröffentlichung der eigenen Wahlentscheidung: Das Wahlgeheimnis soll Stimmenkauf und Einschüchterung/Erpressung/Gruppenzwang verhindern. Das Wahlgeheimnis fordert daher nicht nur, dass der Wähler seine Wahl geheim abgeben kann, sondern muss, nicht geheim gekennzeichnete Stimmzettel dürfen nicht angenommen werden. Hingegen darf der Wähler nach der Wahl seine Wahlentscheidung öffentlich verkünden. Da er keine Möglichkeit hat, die Richtigkeit dieser Aussage zu beweisen, wird dadurch keine Einschüchterung möglich. Ein unter Druck gesetzter Wähler kann behaupten, die geforderte Wahl getroffen zu haben, in Wirklichkeit aber frei eine andere Partei gewählt haben, und egal was jemand von im fordert/erwartet – es gibt keine Möglichkeit zu verhindern, dass der Wähler lügen kann, solange die Wahlhelfer die Vorschriften beachten (es kann höchstens die Teilnahme an einer Wahl verhindert/erzwungen werden).

Bei der Briefwahl wird dieses Prinzip geopfert (es wird nicht sichergestellt, dass der Wähler geheim wählen muss), um mehr Wählern die Wahl zu ermöglichen. Diese Problematik taucht auch bei Wahlcomputern mit Papierbeleg (”voter-verified paper audit trail”) auf: Es muss sichergestellt sein, dass der Wähler den Beleg nicht mitnehmen kann, da er sonst einen Beweis der abgegebenen Stimme mitnehmen könnte.

Update: Mir wurde ein Link zu einem recht interessanten Projekt namens „Wahlautomat“ (nicht der Wahl-o-mat!) geschickt. Dort kann man virtuell für die Parteien abstimmen und bekommt vor allem die Kandidaten vorgestellt (direkt zur Landtagswahl Hessen 2009 geht es hier lang). Ziel ist explizit nicht irgendeine repräsentative Statistik, die Betreiber wissen das man die so nicht bekommt. Es geht eher darum, Politikinteresse und -verständnis zu fördern. Das Projekt wird ehrenamtlich in Zusammenarbeit mit der TU Chemnitz betrieben. Ach ja: Man sieht deutlich, dass die Zahlen nicht repräsentativ sind, das ist aber kein Grund, wie kleine Kinder einen Wettbewerb anzufangen, wer am Besten „seine“ Partei vorantreiben kann. Ich hoffe, dass meine Leser da etwas zivilisierter und geistig erwachsener sind als das was man sonst gewohnt ist.